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# taz.de -- Immer wieder Kanada
> EISHOCKEY Die USA führten kurz vor der Schlusssirene mit 2:0, doch am
> Ende gewannen die Kanadierinnen das olympische Finale – wie schon 2002,
> 2006 und 2010
AUS SOTSCHI ANDREAS RÜTTENAUER
War es das beste Spiel in der Geschichte des Fraueneishockeys? Die Partie
war erst eine halbe Stunde vorbei, da wurde diese Frage in den Katakomben
des Bolschoi-Eispalasts in Sotschi schon gestellt. Die Medaillen nach dem
mitreißenden Finale zwischen Kanada und den USA waren gerade vergeben
worden, die unterlegenen Amerikanerinnen weinten noch und die siegreichen
Kanadierinnen waren im Endorphinrausch, da sollten sie das Geschehene schon
historisch einordnen.
Doch den Spielerinnen fehlten die Worte. Kein Wunder. Es war unfassbar, was
bei diesem 3:2-Overtime-Erfolg der Kanadierinnen alles geschehen war. Es
war so niederschmetternd für die Verliererinnen, die bis drei Minuten und
26 Sekunden vor der Schlusssirene noch mit 2:0 geführt hatten. Und es war
so wunderbar für die Kanadierinnen, denen 55 Sekunden vor dem Ende der
regulären Spielzeit der Ausgleich gelungen war.
Da hatten sie ihre Torfrau längst vom Feld genommen, um die Verlängerung in
Überzahl erzwingen zu können. Und da war gerade ein Befreiungsschlag der
Amerikanerinnen an den Pfosten des unbesetzten Tors geprallt. US-Stürmerin
Kelly Stack konnte es lange nach dem Spiel immer noch nicht fassen: „Ein
Inch weiter rechts, und wir hätten Gold gewonnen“, sagte sie mit Tränen in
den Augen. „Es ist das mieseste Gefühl der Welt.“ Sie konnte einem leidtun.
Denn sie muss gehört haben, wie die Kanadierinnen über diesen
Pfostentreffer redeten. „Das waren die Eishockeygötter“, sagte Kanadas
Brianne Jenner. Und Verteidigerin Laura Fortino meinte: „Das war für uns
das Zeichen, dass wir noch im Spiel waren.“ Danach hatte es in der Overtime
aber eigentlich nicht ausgesehen. Nach dem Ausgleich der Kanadierinnen
waren die Amis wie aufgedreht in die Verlängerung gestartet und haben einen
Puck nach dem anderen auf das Tor von Kanadas Shannon Szabados abgefeuert.
Ohne Erfolg. „Das war das Karma“, sagte eine der Siegerinnen, die Stürmerin
Jayna Hefford.
Doch das war nur eine der Geschichten dieses Abend. Eine andere war die der
Schiedsrichterinnen. Die Strafzeiten, die sie in der Verlängerung gegeben
haben, wurden heiß diskutiert. Sekunden nachdem eine Kanadierin auf die
Bank geschickt wurde, musste auch eine Amerikanerin vom Eis. Slashing
zeigte Schiedsrichterin Joy Tottman an, Stockschlag. Dabei hatte Jocelyne
Lamoureux nach einem Schuss nur noch einmal nach der Scheibe gestochert und
dabei die Schoner von Torfrau Szabados berührt. „Ich weiß nicht, was da
war“, sagte die hinterher.
„Beinstellen oder Cross-Check, ich weiß nicht, warum ich rausmusste. Aber
normalerweise musst du die Gegnerin berühren. Ich habe sie nicht berührt“,
sagte Hilary Knight, die kurz nach den beiden anderen Sünderinnen vom Eis
geschickt wurde. Kanadas Hayley Wickenheiser war alleine auf das Tor der
USA zugelaufen, Knight sprintete hinterher. Plötzlich fiel Wickenheiser
(„Ich würde nie im Leben eine Schwalbe machen!“). Kanada war in der
Überzahl. 40 Sekunden später schoss Marie-Philip Poulin das 3:2. Sudden
Death.
Die Kanadierinnen holten Gold, und ein Skandal lag in der Luft. Schiebung?
„Fraueneishockey entwickelt sich sprunghaft“, sagte US-Trainerin Katey
Stone. „Das Schiedsrichterwesen sollte sich genauso schnell entwickeln.“
Zurückhaltender kann man es wohl nicht ausdrücken.
Derweil erinnerten sich die Beobachter an das beinahe ebenso umkämpfte
Finale der Spiele von Vancouver vor vier Jahren. Das gewann Kanada mit 2:0
gegen die USA. Marie-Philip Poulin hatte damals beide Treffer erzielt. 18
Jahre alt war sie, als sie zu einem Star wurde. Vier Jahre später war es
wieder die junge Frau aus Québec, die das Spiel entschied. Die Reporter
hatten ihre Heldinnengeschichte. Mit Eishockeysuperstar Sid Crosby war sie
schon vor vier Jahren verglichen worden, mit dem besten kanadischen Mann am
Puck. „Sie ist die beste Spielerin im Fraueneishockey“, meinte
Teamkameradin Hefford hingegen – und blieb mit ihrem Statement in der Welt
des Frauensports. Gut so.
Denn das Fraueneishockey hat am Donnerstag die Halle in Ekstase versetzt.
So laut war es nicht einmal, als die russischen Männer spielten.
■ So., 13 Uhr, ARD, Eishockey, Männer, Finale
22 Feb 2014
## AUTOREN
ANDREAS RÜTTENAUER
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