# taz.de -- Triumph des Will | |
> SCHRAT-SÄNGER Will Oldham, auch bekannt als Bonnie „Prince“ Billy, ist | |
> wieder da. Nur mit seiner Gitarre gibt eine Lehrstunde in Stoik | |
VON ANDREAS SCHNELL | |
Zugegeben: Die Zeiten, in denen er seinen Songs Titel wie „You Have Cum In | |
Your Hair And Your Dick Is Hanging Out“ gab, liegen schon ein ganzes | |
Weilchen zurück. Und spätestens, seit ein gewisser Johnny Cash sein „I See | |
A Darkness“ für seine „American Recordings“ aufnahm, ist Will Oldham ali… | |
Bonnie „Prince“ Billy alias Palace bzw. Palace Music oder auch mal Palace | |
Brothers alles andere als ein klandestiner Musician’s Musician. | |
Ein ausgeprägter Hang zur Verschrobenheit zieht sich allerdings bis heute | |
durch seine Arbeit. Angefangen bei eigenwilligen Aneignungen von AC/DC- und | |
Lynyrd-Skynyrd-Songs über den Umstand, dass er, wie Kollege Justin Bieber, | |
unlängst ein eigenes Parfüm auf den Markt brachte, bis hin zur | |
Veröffentlichung seines letzten Albums im Eigenverlag auf CD, Vinyl und | |
good old MusiCassette, überrascht und erfreut Oldham seine Gemeinde | |
regelmäßig mit angenehm schrulligen Winkelzügen, denen anderes als | |
künstlerische Strategien zu unterstellen, kaum Sinn ergäbe. | |
Im vergangenen Jahr erschien mit „Bonnie ,Prince’ Billy“ das neunte Album | |
unter diesem Namen. Es ist seit fast zwanzig Jahren das erste, auf dem im | |
Wesentlichen nur Oldham und seine Gitarre zu hören sind. In den vergangenen | |
Jahren arbeitete er mit alten Weggefährten wie David Pajo und Bruder Paul | |
Oldham oder mit Kollegen wie Tortoise, Matt Sweeney oder Dawn McCarthy | |
zusammen. Mit der huldigte er im letzten Jahr mit dem Album „What the | |
Brothers Sang“ den Everly Brothers, deren eine Hälfte, Phil Everly, nur | |
wenige Monate später verstarb. | |
Die Rückbesinnung auf sich selbst mochte einfach mal wieder an der Zeit | |
sein. Dass Oldham dabei allerlei verhangene bis finstere Gedanken kamen, | |
überrascht natürlich weniger. Songs wie „I Will Be Born Again“ oder | |
„Triumph Of Will“ von seinem jüngsten Solo-Album beschwören ihre im Titel | |
vorgetragenen Thesen eher, als sie en passant zu bestätigen. | |
Allerdings gelingt es Oldham, den grimmigen Aussichten und dem Blendwerk | |
dieser Welt – „Like Utah and all things lovely, the loveliness is lies“ �… | |
im Finale „Royal Quiet Deluxe“ ein gelassenes „Still, there is a way to b… | |
entgegenzuhalten. „If we die many times/then let death come to me“. Was | |
wohl doch eher buddhistisch wäre als stoisch, von wegen Reinkarnation und | |
so. | |
Aber so sehr Oldham als tief in amerikanischer Song-Tradition verwurzelter | |
Musiker auch religiöse und spirituelle Felder bestellt, so wenig geht es | |
ihm dabei um Theologie. Vielmehr lassen sich seine Songs als regelmäßig | |
ernüchternde bis niederschmetternde Bilanz der Vergeblichkeit menschlichen | |
Strebens lesen, denen entzauberte Restmöglichkeiten entgegengehalten | |
werden. | |
Letztlich hält sich Oldham, weil er eben auch ein Schelm ist, hinsichtlich | |
letztgültiger Deutungen gern ein paar Türen auf. Er ist schließlich | |
Künstler und nicht Philosoph, auch wenn das natürlich – zumal bei großen | |
Songschreibern wie ihm – oft nah beieinander liegt. | |
Weshalb ihm übrigens Lutto Lento und Piotr Kurek – sofern er sie nicht | |
selbst auserwählte, ihn als Vorprogramm seiner Tournee zu begleiten – gut | |
gefallen dürften. Die beiden Polen spielen bei ihren eigenwilligen | |
musikalischen Exkursionen bevorzugt mit subaquatischen Themen, | |
veröffentlichen ebenfalls gern auf Kassetten – und haben mit so etwas wie | |
Singer/Songwriter-Kunst ungefähr nichts zu tun. | |
■ Montag, 3. März, 21 Uhr, Fabrik | |
1 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
ANDREAS SCHNELL | |
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