# taz.de -- Bei den Besten | |
> BASKETBALL Zum Beispiel der TuS Lichterfelde: das Frauenteam spielt | |
> erfolgreich in der zweiten Bundesliga und zählt damit zu Berlins | |
> Basketballerinnen-Elite. Für den Sprung ganz an die Spitze fehlt es aber | |
> an Sponsorengeld | |
VON BEN MENDELSON | |
Zöpfe fliegen durch die Luft, die Spielerinnen in den bunten Trikots | |
verfolgen sich und setzen zu 3-Punkte-Würfen an. Zehn junge | |
Basketballerinnen jagen durch die Halle. Die Geräusche ihrer Bewegungen | |
füllen den Raum: das dumpfe Prellen, das Quietschen beim Abbremsen der | |
Sprints und der unverwechselbare Klang, wenn der Ball durch das Netz geht. | |
Die Frauen, die hier gerade trainieren, gehören zu Berlins besten | |
Basketballerinnen. Sie gehen für den TuS Lichterfelde – kurz: TusLi – in | |
der zweiten Basketball-Bundesliga auf Punktejagd. Die aktuelle Saison haben | |
sie auf dem achten Platz beendet. Timur Topal, einer der beiden Trainer der | |
Frauen, ist mit seinen Spielerinnen zufrieden und bezeichnet die Spielzeit | |
als „megaerfolgreich“. Der Zuschauerandrang blieb dennoch oft mäßig: meist | |
kamen weniger als 80 Leute zu den Spielen. | |
An Talenten – die meisten der Spielerinnen sind noch unter 20 Jahre alt – | |
mangelt es im Berliner Frauenbasketball nicht. Mit dem TuS Lichterfelde | |
spielt bereits im dritten Jahr in Folge ein Berliner Team in der zweiten | |
Bundesliga der Frauen. Doch für die ganz großen Sprünge wie bei den Männern | |
im Basketball mit dem Erstligisten Alba fehlt in Lichterfelde das Geld: | |
TusLi findet keinen Sponsor. In der Hauptstadt der Albatrosse, Eisbären und | |
Herthaner werden die Top-Sportlerinnen oft stiefmütterlich behandelt. Ein | |
Trainingslager im Frühjahr etwa war so bei TusLi nicht drin. | |
Timur Topal, neben der früheren Nationalspielerin Anne-Kathrin Dröll für | |
die sportliche Leitung zuständig, beklagt sich auch über die mangelnde | |
Unterstützung seitens der Verbände: „Im Frauenbereich wird immer weiter | |
gespart, die Jugendnationalmannschaften sind unterfinanziert. Dennoch | |
erwartet man von ihnen Erfolge“, sagt Topal. | |
## Erfolg kostet auch Geld | |
Erfolge seien auch bei den Vereinen nur bis zu einem gewissen Level ohne | |
Geld möglich – danach „müssen auch die finanziellen Strukturen und Mittel | |
stimmen“, so Topal. Hauptamtliche Trainer müssten her, und die kosteten | |
eben Geld. Die erschwerte Förderung der Frauen ziehe sich bis zum Deutschen | |
Basketball-Bund (DBB) durch. | |
Dort sieht man die Situation gelassener. Pressesprecher Christoph Büker | |
erklärt, die Finanzierung der weiblichen Nationalteams reiche | |
„grundsätzlich für künftige Erfolge aus“. Viel wichtiger sei es, mehr gut | |
funktionierende Stützpunkte für den weiblichen Basketball zu entwickeln. | |
Auch würde man sich sicher „bei den Damenclubs ähnliche Etats wünschen wie | |
bei den Männern“, das sei aber „komplett unrealistisch“. Wenige Zuschaue… | |
geringes Medieninteresse – nicht gerade das, was zahlungskräftige Sponsoren | |
anlockt. Es helfe nichts, das zu bemängeln: „Man muss in seiner jeweiligen | |
Nische das Beste aus den vorhandenen Mitteln machen.“ | |
Was man bei TusLi eben auch versucht. Doch mit dem Training ist Trainer | |
Topal heute nicht zufrieden: viele Fehlpässe, technische Fehler. Er | |
unterbricht die Übung, mahnt zu mehr Konzentration. | |
In der Vereinsgeschichte TuS Lichterfeldes gab es bereits viele Erfolge zu | |
feiern: Schon 1987 gelang den Frauen mal der Sprung in die zweite | |
Bundesliga, zwei Jahre später ging es zwischendurch sogar in die erste | |
Liga. Obwohl es für die TusLi-Spielerinnen im Oberhaus nicht viel zu holen | |
gab, standen sie 1992 im Halbfinale des DBB-Pokals. | |
Inzwischen aber gewinnen die Titel vor allem die Mädchen- und Jungenteams | |
im Verein. Die TusLi-Nachwuchsteams holten so bis jetzt allein 28 deutsche | |
Meistertitel, und in Berlin wurde der Klub in den Jungen- und | |
Mädchenabteilungen je über hundert Mal Meister und Pokalsieger. Aber im | |
Jugendbereich ist die Unterstützung durch die Eltern eben auch noch größer, | |
zudem müssen deutlich weniger Auswärtsfahrten zu größeren Turnieren | |
organisiert werden als bei den Frauen. Seit 1979 wurde der Verein nahezu | |
jährlich vom Berliner Senat für „die beste Basketball-Nachwuchsarbeit“ in | |
der Stadt ausgezeichnet. | |
Den letzten Aufstieg in die zweite Bundesliga verdankte Lichterfelde | |
dennoch nicht dem eigenen Frauenteam – sondern der innerstädtischen | |
Konkurrenz aus Moabit. Denn es war das Team des ASV Moabit Basketball, das | |
noch im vergangenen Jahr in Liga zwei stand und dort auch überraschend die | |
Vizemeisterschaft holte. Nach zwei Jahren in dieser Spielklasse ging Moabit | |
jedoch finanziell die Puste aus. Nicht einmal den Zweitliga-Etat, der im | |
fünfstelligen Bereich liegt, konnte man dort aufbringen. Der | |
Frauenbasketball-Verband DBBL genehmigte aufgrund der geringfügig besseren | |
ökonomischen Situation in Lichterfelde dann einen „Tausch“ der Teams. TusLi | |
bekam die Liga-Lizenz und einige ehemalige ASV-Spielerinnen wechselten in | |
den Süden der Stadt. | |
## Was alles noch fehlt | |
Wenig Aufmerksamkeit und wenig Geld trotz Top-Leistungen – weshalb nehmen | |
die Spielerinnen den Aufwand auf sich? Die Liebe zum Sport und der | |
Zusammenhalt im Team seien wichtig, erklären sie. Da viele der Spielerinnen | |
hier studieren oder zur Schule gehen und die Ausbildung vorgeht, kommt ein | |
Wechsel zu anderen Klubs im Bundesgebiet für die meisten nicht in Frage. | |
Co-Trainerin Anne-Kathrin Dröll kann viele Dinge aufzählen, die in Berlin | |
und in Lichterfelde noch fehlen, um auch bei den Frauen mit den Besten der | |
Republik mithalten zu können. Sie spricht von einem ganzen Pool an | |
Sponsoren, der nötig wäre. Sie spricht von verbesserter Kooperation mit | |
Schulen und Universitäten. Und sie spricht von Mitarbeitern, die sich um | |
die Organisation der Spiele, um die Öffentlichkeitsarbeit und weitere | |
Aufgaben kümmerten. Aufgaben, die aktuell unter Trainerteam, Vorstand und | |
Fans aufgeteilt werden. | |
Fans und Vereinsvorstand übernehmen so das unterbesetzte Kampfgericht bei | |
den Heimspielen, mehrmals half auch ein Vorstand des ASV Moabit aus. | |
Spielberichte schreiben die Trainer, auch an Heimspiel-Infoheftchen | |
arbeiten sie mit. Das Basketball-AG-Angebot an den Schulen könnte deutlich | |
ausgebaut werden und zum Verein hinführen. Die Physiotherapeuten sollten | |
deutlich besser bezahlt werden. Manche Spielerin würde schlicht neue | |
Basketballschuhe brauchen. Es sind unzählige Kleinigkeiten wie diese, bei | |
denen es beim TuS Lichterfelde hakt. | |
Anne-Kathrin Dröll kennt noch die besseren Zeiten des Berliner | |
Frauenbasketballs: mit Wemex Berlin spielte sie, Mitte der 90er Jahre, in | |
der ersten Bundesliga. Damals hatte ein Sponsor sich die Namensrechte am | |
Klub gesichert, die Berlinerinnen spielten einige Jahre im Oberhaus – | |
einmal holten sie die Vizemeisterschaft. Davon aber ist man in Berlin | |
derzeit beim Frauenbasketball weit entfernt. | |
23 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
BEN MENDELSON | |
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