# taz.de -- „Bewusst nicht emigriert“ | |
> JUDENTUM Ein neues Buch ergründet die Tradition der norddeutschen | |
> Rabbinerfamilie Carlebach | |
taz: Frau Vogel, war Joseph Carlebach Naturwissenschaftler, Pädagoge oder | |
Rabbiner? | |
Barbara Vogel: Er war all das – und sicher noch mehr. Er hat in Mathematik | |
promoviert, die Staatsexamina für den Gymnasialdienst und eine | |
Rabbinerausbildung gemacht. In den 1920er-Jahren wurde er Rektor der | |
Hamburger Talmud-Tora-Schule, dann Oberrabbiner zunächst in Altona und ab | |
1936 in Hamburg. | |
Carlebach war orthodoxer Jude, aber auch Reformpädagoge. Vertrug sich das? | |
Anscheinend. Einerseits lebte er privat sehr orthodox und bekam mit seiner | |
Frau binnen relativ kurzer Zeit neun Kinder. Andererseits war er derjenige | |
jüdische Pädagoge, der Sportunterricht und Wanderfahrten einführte. Er | |
sorgte dafür, dass ein freundschaftliches Lehrer-Schüler-Verhältnis | |
herrschte und der Unterricht vom Kind her gedacht wurde. | |
1942 wurden Carlebach, seine Frau Charlotte und seine drei jüngsten Töchter | |
in Lettland von den Nazis ermordet. Stimmt es, dass er Chancen zur Rettung | |
ausgeschlagen hatte? | |
Es gibt tatsächlich Hinweise, dass er Möglichkeiten auszuwandern und sich | |
zu retten, nicht wahrnahm, um die Gemeinde nicht im Stich zu lassen. Und | |
aus Briefen seiner Frau geht hervor, dass sie etwas verzweifelt war über | |
ihren Mann, der nicht wegwollte. | |
Das von Ihnen mit herausgegebene Buch, das heute vorgestellt wird, fußt auf | |
der neunten Carlebach-Konferenz des Hamburger Carlebach-Arbeitskreises und | |
der israelischen Bar-Ilan-Universität. Was waren deren Erkenntnisse? | |
Wir haben uns erstmalig mit der weit verzweigten Familie Carlebach befasst. | |
Da gab es zum Beispiel Shlomo Carlebach, den „singenden Rabbi“ von New | |
York, oder Salo Carlebach, den „Korczak von Westerbork“. Und Ezriel | |
Carlebach ist nach Palästina emigriert und hat die Tageszeitung Haaretz | |
gegründet. Wir haben also überlegt, ob es inzwischen eine | |
Carlebach-Tradition gibt. | |
Mit dabei ist heute auch Carlebachs älteste Tochter Miriam. Welche Rolle | |
spielt sie? | |
Eine entscheidende. Sie hat die Carlebach-Konferenzen gegründet und | |
arbeitet seit den 1980er-Jahren an der Überwindung der Sprachlosigkeit | |
zwischen den jüdischen ehemaligen Hamburgern und der Stadt Hamburg. | |
INTERVIEW: PS | |
Buchvorstellung „Wege Joseph Carlebachs. Universale Bildung, gelebtes | |
Judentum, Opfergang‘“: 17 Uhr, Gästehaus der Universität, | |
Rothenbaumchaussee 34. Anmeldung erbeten unter | |
[1][[email protected]] | |
16 Jun 2014 | |
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