| # taz.de -- Nazis werden zu Kameraden | |
| > ■ Nach den Parteiverboten organisiert sich die rechtsextreme Szene in | |
| > "Kameradschaften". In Berlin haben sie laut Verfassungsschutz rund 80 | |
| > Aktivisten | |
| Der harte Kern der rechtsextremen Szene hat aus den Parteiverboten in der | |
| Vergangenheit gelernt. Das Zauberwort, mit dem die zumeist jungen Neonazis | |
| staatliche Maßnahmen umgehen wollen, heißt „Kameradschaft“. Sie handeln, … | |
| das Landesamt für Verfassungsschutz, nach dem Motto: „Organisation durch | |
| Desorganisation“. | |
| Offenkundig sind die Initiatoren darauf bedacht, den Fehler der | |
| Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) nicht zu wiederholen, die im | |
| Februar vergangenen Jahres bundesweit verboten worden war. „Wir sind kein | |
| organisierter Zusammenschluß oder Verein, streben keine Weiterführung oder | |
| Gründung einer Partei, eines Vereins oder einer Organisation an“, heißt es | |
| daher in einer Broschüre der „Kameradschaft Treptow“. | |
| Hinter den Kulissen aber sind altbekannte Neonazis weiter aktiv. Die | |
| „Kameradschaft Treptow“, mit rund 20 Mitgliedern die größte unter den neun | |
| „Kameradschaften“ in Berlin, dient offenbar als Auffangbecken für ehemalige | |
| FAPler. Stilgerecht wurde die Gruppe, die von einem Ex-FAPler geführt wird, | |
| am 30. Januar 1995, dem Tag der Machtergreifung Hitlers 1933, gegründet – | |
| knapp drei Wochen vor dem Verbot der FAP. | |
| Nur zehn Monate später wurde die „Kameradschaft Nord-Beusselkiez“ ins Leben | |
| gerufen. Der Chef dieser zehn- bis fünfzehnköpfigen Gruppe ist ebenfalls | |
| kein Neuling: Mike Penkert. Der Neonazi war zuletzt Tiergartener | |
| Direktkandidat der „Nationalen“ bei den Abgeordnetenhauswahlen im Oktober | |
| 1995. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes zählen die neun | |
| Kameradschaften, von denen sich die „Kameradschaft Nordland“ möglicherweise | |
| in Auflösung befindet, stadtweit rund 80 Aktivisten. Der Schwerpunkt ihrer | |
| propagandistischen und organisatorischen Tätigkeit liegt eindeutig in | |
| Ostberlin. Nur zwei sind im Westteil aktiv. Daß die Neonazi-Szene offenbar | |
| gut vernetzt ist und dementsprechend flexibel reagieren kann, zeigte sie | |
| zuletzt beim Aufmarsch am 1. Mai in Marzahn. Obwohl das | |
| Demonstrationsverbot erst am Vorabend gerichtlich aufgehoben worden war, | |
| reisten 300 Teilnehmer aus dem Bundesgebiet an. | |
| Mit Sorge wird von den Verfassungsschützern die zunehmende Militanz der | |
| Jungen Nationaldemokraten (JN) beobachtet. Die Jugendorganisation der NPD – | |
| bundesweit mit rund 150 Mitgliedern, davon zehn in Berlin – scheint sich | |
| zum Koordinator der Szene zu entwickeln. Anmelder der Marzahner | |
| Demonstration war der JN- Funktionär Andreas Storr — Chef der zehn- bis | |
| zwanzigköpfigen „Kameradschaft Marzahn“. Severin Weiland | |
| 14 Jun 1996 | |
| ## AUTOREN | |
| Severin Weiland | |
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