Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Stoische Männchen auf der Alster
> 40 Kunstwerke im öffentlichen Raum preist ein jetzt herausgekommener
> Band, den die Kulturbehörde und das Kunsthistorische Seminar der
> Universität zusammengestellt haben. Die Tatsache, dass Gelder für genau
> jene Gattung seit Jahren gekürzt werden, verschweigt er geflissentlich
VON PETRA SCHELLEN
Der Titel klingt adrett, der Termin ist gut gewählt, die Fotos sind
angenehm farbig. Der Band „Kunst in der Stadt Hamburg – 40 Werke im
öffentlichen Raum“ bietet somit alle Voraussetzungen eines sommerlichen
Zeitvertreibs, zumal auch die Karte nicht vergessen wurde, die an alle jene
40 Orte führen soll, die die Kulturbehörde und das Kunsthistorische Seminar
der Universität ausgewählt haben.
Vor wenigen Tagen ist der Band erschienen, der tatsächlich zu mancherlei
Ausflug verleitet. Ausgewählt wurde meist leicht Zugängliches – etwa
Figürliches à la Stephan Balkenhol, Waldemar Otto und Lothar Fischer.
Außerdem dezent Skulpturales wie die Türme für Allermöhe von Michael Dörner
und Christoph Fischer – sowie die Biologische Forschungsstation Alster.
Schnell entzifferte Schriftzüge, auf allerlei Böden und Wänden, auch Tita
Gieses Pflanzeninseln an den Deichtorhallen findet man hier. Dass Letztere
auch den kunstaffinen Fußgänger gefährden, weil er die rasend nahenden
Autos nicht sieht, steht dort nicht.
Theoretische Ausführungen andererseits gibt es en masse: Eine ausgedehnte
Einleitung reflektiert Wohl und Wehe der „ästhetischen Identität einer
Stadt“. Auch der eine oder andere Konflikt – etwa um die als
Pinkel-Sichtschutz verschrieenen „Schiffsbleche“ Horst Hellingers in St.
Georg – wird erwähnt. Ebenso die Kämpfe, die aus dem für Investoren
gedachten Areal in St. Pauli den Erholungsraum „Park Fiction“ machten, sind
getreulich aufgeführt. Stephan Balkenhols auf Alster und Elbe stehende
Figuren, die Touristen immer noch zu Polizei-Notrufen veranlassen, kann man
begutachten. Nicht zu vergessen die Antikriegskunst in Form des
„Gegendenkmals“ von Alfred Hrdlicka am Dammtorbahnhof und Volker Langs
Feuersturm-Mahnmal in Rothenburgsort.
Doch abgesehen davon dürften etliche unter den Hamburger Künstlern einen
solchen Band als zweifelhafte Aneignung empfinden. Kein Wort verliert der
Herausgeber nämlich über die stetige Kürzung der Mittel für Kunst im
öffentlichen Raum, insbesondere über deren Halbierung vor einigen Jahren.
Kein Wort auch darüber, dass die Vergänglichkeit etlichen Kunstprojekten
nicht, wie von Fleckner behauptet, „einbeschrieben“ ist, sondern schlicht
Voraussetzung für die Teilnahme etwa an Wettbewerben in der Hafencity ist.
Das Ziel: die sommerliche, touristenfreundliche Bespielung einer Baustelle.
Dass das alles, wenn die Bagger später Luxuswohnungen und -bürosuiten
bauen, wieder verschwinden muss, ahnt der Fremde ja nicht.
Was andererseits den Mut von Jurys für eben jene Hafencity betrifft, wenn
es dann doch mal um ein ständiges Kunstwerk geht, lässt sich dem Resultat
des Wettbewerbs vom Juni 2006 ablesen: Nicht zufällig wurden die gefälligen
Türme Thomas Schüttes gewählt, die sich auch als Kneipe nutzen lassen.
Interessant wäre auch die Diskussion der Frage gewesen, ob der Riesenballon
vor den Deichtorhallen, von deren Leitung stoisch hingenommen, tatsächlich
der Bereicherung der Kunstmeile dient.
Doch dies interessiert Herausgeber und Förderer nicht. Sie haben sich für
ein Werk entschieden, dass die Resultate manches Kampfes als Erfolg
städtischer Kulturpolitik zu werten versucht. Eine aalglatte Argumentation,
die die hiesigen Kulturpolitiker nicht glaubhafter macht.
Uwe Fleckner (Hg.): „Kunst in der Stadt Hamburg. 40 Werke im öffentlichen
Raum“. Berlin 2007, 191 Seiten, 24,90 Euro
23 Jun 2007
## AUTOREN
PETRA SCHELLEN
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.