# taz.de -- „Die Klarinette ist sehr flexibel“ | |
> Das Land Niedersachsen verleiht Sabine Meyer heute den | |
> Praetorius-Musikpreis. Ein Gespräch mit der Klarinettistin über die | |
> Bedeutung ihres Instrumentes in der Klassik | |
taz: Frau Meyer, bei der Klarinette denken viele Menschen zuerst an Benny | |
Goodman, an Militärkapellen, aber nicht an Klassik. Ein falsches Bild? | |
Sabine Meyer: Benny Goodman hat ja auch klassische Musik gemacht. Er hat | |
unter anderem ein Mozart-Konzert eingespielt. So richtig wohl gefühlt hat | |
er sich dabei glaube ich aber nie. Aber einige klassische Komponisten wie | |
Bartók oder Hindemith haben für ihn auch Konzerte geschrieben. | |
Haben Sie den Eindruck, dass die Klarinette in der Klassik unterschätzt | |
wird? | |
Das Problem ist, dass es, verglichen mit dem Klavier oder der Geige, nicht | |
so eine umfangreiche Literatur gibt. Wir Klarinettisten haben | |
beispielsweise nur ein Mozart-Konzert. Das ist natürlich eines der | |
schönsten und wichtigsten Stücke, die es in der Literatur überhaupt gibt. | |
Das Klarinettenkonzert ist das letzte Stück, das Mozart vollendet hat, | |
danach kam nur noch das unvollendete Requiem. Das, was wir haben, ist schon | |
eine tolle Literatur. | |
Was hat denn die Klarinette, was Geige und Klavier nicht haben? | |
Die Klarinette hat wahnsinnig viele Facetten, von der traurigen, sonoren | |
Tiefe bis zum lebendigen Zwitschern. Sie ist sehr flexibel, und damit kommt | |
sie der menschlichen Stimme am nächsten. Daran liegt es vielleicht auch, | |
dass ihr Klang den Menschen sehr nahegeht und sie rührt. In Filmen, wenn es | |
traurig oder spannend wird, wird oft eine Klarinette eingesetzt. | |
Hat die Klarinette in den letzten Jahren als Soloinstrument an Bedeutung | |
gewonnen? | |
In den letzten 20 Jahren ist die Klarinette schon mehr in den Vordergrund | |
gerückt. Es gab immer mehr Veranstalter, die gesagt haben: wir nehmen ein | |
Klarinettenkonzert ins Programm. Die Hauptliteratur bleibt weiterhin im | |
Orchester, aber die Solostücke sind eben auch sehr gehaltvoll: Reger, | |
Weber, Mozart und Brahms haben alle am Ende ihres Lebens für Klarinette | |
geschrieben, weil sie sich damit wohl am besten ausdrücken konnten. | |
Sehen Sie die Preisverleihung heute auch als Auszeichnung dafür, die | |
Klarinette wieder mehr ins Bewusstsein gebracht zu haben? | |
Auch, ja. Ich glaube schon, dass ich etwas dazu beigetragen habe, dass die | |
Klarinette als solistisches Instrument wieder mehr in den Vordergrund | |
gerückt ist. Früher gab es vor allem Klavierabende und Streichquartette, | |
und das war es dann schon. Ich war immer offen für Neues und wollte vor | |
allem spannende Programme kreieren. Das honoriert dann auch das Publikum. | |
Ihr Mann spielt ja auch Klarinette. Bestimmt das Instrument ihr Leben? | |
Immer schon! Mein Vater war Musiker, mein Bruder ist auch Klarinettist. Das | |
liegt schon in der Familie. | |
Haben Sie ein besonderes Lieblingsstück? | |
Wenn man sich mit etwas beschäftigt, dann ist das jeweilige Stück in dem | |
Moment das wichtigste. Aber das Mozart-Konzert ist natürlich etwas, was | |
mich schon mein ganzes Leben begleitet und dabei immer neu entsteht. Das | |
Stück ist so genial, bleibt immer so spannend, dass man nie sagen kann: Ich | |
bin damit fertig, ich hab es verstanden. Daher ist das schon eines der | |
wichtigsten Stücke für mich und überhaupt für uns Klarinettisten. | |
INTERVIEW: BENJAMIN GEHRS | |
3 Sep 2007 | |
## AUTOREN | |
BENJAMIN GEHRS | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |