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> KINDERBUCH Vier Bilderbuchklassiker von Tomi Ungerer zu seinem 80. | |
> Geburtstag | |
Am Montag feiert der Elsässer Grafiker, Autor und Illustrator Tomi Ungerer | |
seinen 80. Geburtstag. Ungerer ist zwar nicht nur Kinderbuchautor, doch | |
völlig zu Recht erschien anlässlich dieses Datums eine Jubiläumsausgabe mit | |
vier seiner legendären Bilderbücher im Schuber: „Crictor“, „Die drei | |
Räuber“, „Der Mondmann“ und „Papa Schnapp“ wurden erstmals zwischen … | |
und 1973 auf Englisch in den USA publiziert. Denn 1956 war Tomi Ungerer | |
nach New York ausgewandert – auch aus Begeisterung für den Cartoonisten | |
Saul Steinberg, der jahrzehntelang das US-amerikanische Magazin The New | |
Yorker mitgestaltete. Dieser Einfluss Steinbergs auf die Arbeiten Tomi | |
Ungerers ist in „Crictor“, einer frühen Veröffentlichung von 1959, noch | |
deutlich zu spüren. | |
Mit feinem grafischem Strich und sparsamen Farben wird die Geschichte von | |
Madame Bodot, einer älteren französischen Dame, erzählt, die ganz | |
selbstverständlich beschließt, mit der ihr zugeschickten Boa Constrictor | |
friedlich zusammenzuleben. Doch schon bald ändert Ungerer seinen Stil und | |
erfindet das für ihn unverwechselbare Personal seiner Geschichten. In | |
flächigen und kraftvollen Farben illustriert erscheint 1961 „The Three | |
Robbers“ (Dt.: Die drei Räuber) – wohl eines der bekanntesten Bilderbücher | |
überhaupt. Und auch inhaltlich ist in diesem Klassiker viel von dem bereits | |
angelegt, was Ungerers unzählige Kinderbücher auszeichnet: ein Votum für | |
den Eigensinn und die Neugier, aber auch die unverstellte Darstellung von | |
Gewalt und Schrecken als Teil der menschlichen Existenz. | |
Gleichzeitig zeugen viele seiner Geschichten von großer Sympathie für die | |
Vorstellungswelt und Fantasie von Kindern. So hat ausgerechnet Tiffany, das | |
Waisenkind in „Die drei Räuber“, keine Angst vor den grimmigen Gesellen, | |
die Postkutschen überfallen und Reisende plündern. | |
Sein etwas sperriges Buch „Papa Schnapp und seine noch-nie-dagewesenen | |
Geschichten“ (1971) enthält dagegen eine Reihe kurzer, abgedrehter | |
Tieranekdoten. Als Vorlage dafür dienten Ungerer einzelne Modelle seiner | |
äußerst umfangreichen Spielzeugsammlung – inzwischen im „Musée Tomi | |
Ungerer“ in Straßburg untergebracht. Spätestens bei diesen detailreichen | |
Zeichnungen hätte man sich ein etwas großzügigeres Format für diese | |
ansonsten schön gestaltete Buchkassette gewünscht. | |
„Bei weitem eines der besten Bilderbücher“ nannte der amerikanische | |
Kinderbuchautor und Kollege Maurice Sendak Tomi Ungerers „Der Mondmann“ | |
(1966). Das vierte Buch dieser Jubiläumsausgabe erzählt von dem Mann im | |
Mond, der mit großen Erwartungen die Erde besucht, dort aber bald von der | |
Polizei verfolgt und eingesperrt wird. Die Flucht gelingt nur dank Doktor | |
Bunsen van der Dunkel, einem alten, vergessenen Gelehrten. So wie Ungerer | |
verbannte auch Sendak („Wo die wilden Kerle wohnen“, u. a.) die Darstellung | |
von Aggression und Bedrohung aus seinen Kinderbüchern nicht, stattdessen | |
aber verschwanden Niedlichkeit und vordergründige Belehrung. EVA-CHRISTINA | |
MEIER | |
■ „Tomi Ungerer Kinderbuch-Schatzkästlein: Die drei Räuber, Der Mondmann, | |
Papa Schnapp, Crictor“. Diogenes, Zürich 2011, 152 S., 19,90 Euro, ab 4 | |
26 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
EVA-CHRISTINA MEIER | |
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