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# taz.de -- Lauter gute Namen
> ■ Noch ein Museum auf Reisen: Die Sammlung Daniel-Henry Kahnweiler macht
> Station im Kunstmuseum Düsseldorf
Wer neue Strömungen, frische Ideen in der Kunstszene sucht, geht schon seit
langem lieber in die Galerien als ins Museum. Spätestens seit die
öffentlichen Zuschüsse knapper und Besucherzahlen zum vermeintlichen
Indikator für Erfolg oder Pleite einer Ausstellung geworden sind, setzt man
auf Bewährtes. Die Flut mehr oder minder spannender Retrospektiven, vor
allem aber der wachsende Sammlungstourismus hat das in den vergangenen
Jahren deutlich belegt: Barnes in Paris, Morosow und Schtschukin in Essen,
die Sammlung Stangl in Münster, Essen in Humlebaek, Leipzig in Bonn. Statt
Akzente zu setzen, verläßt man sich auf Vorgänger.
Da mochte auch Museumsdirektor Hans-Albert Peters nicht nachstehen.
Guggenheim hatte es für sein Düsseldorfer Kunstmuseum sein sollen: Eine
Ausstellung mit Meisterwerken aus dem New Yorker Stiftermuseum war schon
fest gebucht, die Werbeprospekte bereits gedruckt, als im Spätsommer ein
durch eine heißgelaufene Nam-June-Paik-Installation verursachtes Feuer im
Düsseldorfer Kunstmuseum alle Räume und Kunstwerke mit einer feinen
giftigen Dioxinrußschicht überzog. Kurzentschlossen zog Uwe M. Schneede die
Guggenheim-Ausstellung in seine Hamburger Kunsthalle ab, und den erbosten
Düsseldorfern entging ein Spektakel als sichere Einnahmequelle.
Für Ersatz soll nun zur Wiedereröffnung des Düsseldorfer Kunstmuseums ein
Teil der Sammlung des legendären deutsch-französischen Kunsthändlers
Daniel- Henry Kahnweiler sorgen, die das nachlaßhütende Centre Pompidou an
den Rhein ausgeliehen hat. 1884 in Mannheim geboren und später nach Paris
umgezogen, war er es, der Picasso, Braque und dem Kubismus behutsam zum
Durchbruch verhalf und so der ungegenständlichen Kunst des 20. Jahrhunderts
die Türen öffnete. „Gute Kunst braucht keine Werbung, sie hat Kraft genug,
aus sich selbst heraus zu wirken“, lautete Kahnweilers Philosophie, so saß
er Tag für Tag in seinem vier mal vier Meter kleinen Laden an der Pariser
Rue Vignon und wartete auf Kunden.
In Düsseldorf mochte man auf den weisen Rat des 1969 gestorbenen Kahnweiler
nicht hören. Seine Sammlung, eindrucksvoll besonders durch Picassos,
afrikanische Skulpturen und Plastiken von Henri Laurens, hat der
Ausstellungsarchitekt Holger Wallat prätentiös inszeniert. Überflüssige
Rondelle, Podeste und mit Stoffbahnen abgehängte Kabinette versprechen eine
durchgängige Qualität, die die Ausstellung selbst nicht halten kann. Die
meist kleinformatigen und oft an den Händler und Sammler Kahnweiler
gewidmeten Kunstgeschenke verlieren sich zu oft in der verschachtelten
Architektur ihrer Präsentation. Überdeutlich wird außerdem, daß auch ein
Gott des Kunstmarktes seine schwachen Tage gehabt hat: Zwar bestechen vor
allem die Werke von Picasso, Braque und Klee durch Qualität; andere von
Kahnweiler geschätzte und gesammelte Künstler, wie etwa Elie Lascaux mit
seinen naiven Landschaftsbildern, langweilen in der hier gebotenen Breite
eher. Dafür wurden die von Kahnweiler zahlreich herausgegebenen
Künstlerbücher in den Vitrinen an den Rand gedrängt.
Deutlich wird dadurch, wie wenig es in Düsseldorf um kunstgeschichtliche
Aufarbeitung geht. Die Werke selbst sind zweitrangig geworden. Wichtig ist,
wie bei so vielen Sammlungsausstellungen zuvor, der Name, der sich auf
Plakate, Halstücher und Telefonkarten der eifrig werbenden Telekom drucken
läßt. Kahnweiler hat das nicht verdient. Stefan Koldehoff
Die Sammlung Kahnweiler. Kunstmuseum Düsseldorf (Ehrenhof), bis 19. März
1994. Katalog: Prestel Verlag, München, 49 DM.
10 Dec 1994
## AUTOREN
Stefan Koldehoff
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