# taz.de -- „Es ist sehr schwer, Museen zu vermeiden“ | |
> ■ Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen über ihre Ausstellung in Bonn | |
taz: In den Sechzigern haben Sie verkündet, Kunst habe im Museum nichts zu | |
suchen. Was ist das für ein Gefühl, mit 67 Jahren selbst museumsreif zu | |
sein? | |
Claes Oldenburg: Wenn man als Künstler eine bestimmte Bekanntheit und | |
vielleicht auch Bedeutung erreicht hat, wird es schwer, Museen zu | |
vermeiden. Das geschieht einem einfach. Also muß man das Beste daraus | |
machen und die Ausstellung so lebendig wie möglich gestalten. | |
Herausgekommen ist dabei ein fröhlicher, bunter Spielplatz ... | |
Wenn Sie diesen Eindruck haben, ist die Ausstellung gelungen. | |
Seit Sie mit Ihrer Frau zusammen arbeiten, scheinen ihre Arbeiten sozial | |
bewußter geworden zu sein. Täuscht der Eindruck? | |
Die Arbeit mit Coosje unterscheidet sich tatsächlich von der früheren: Es | |
gibt nun den Input eines anderen Menschen in mein Werk. Was denkst du? | |
Coosje van Bruggen: Das liegt schon in der Natur dessen, was wir machen. | |
Wir arbeiten hauptsächlich an den „Urban Sculptures“. Wenn diese großen | |
Skulpturen in Museen gezeigt werden sollen, ist das meist nur mit Hilfe von | |
Modellen möglich. Deshalb sind wir glücklich, daß in Bonn mit „Houseball“ | |
gezeigt wird, was wir draußen so machen. Dies ist die erste Großskulptur, | |
die nicht speziell für einen Ort geschaffen wurde und folgerichtig das | |
Thema der Migration behandelt. | |
Wie funktioniert ihre Kooperation konkret? | |
van Bruggen: Die erste Skulptur, die wir gemeinsam signiert haben, war die | |
„Taschenlampe“, die in Las Vegas auf einem kleinen Platz zwischen einem | |
Theater und einem Kulturhaus steht. Claes hatte überlegt, dort ein | |
Leuchtfeuer in Form eines Turms hinzusetzen. Mir war dieses Konzept zu | |
grandios für den kleinen Platz. Außerdem paßte es zu gut zu den Schildern | |
und den Ampeln und allem anderen in der Umgebung, das phallisch gen Himmel | |
zeigt. So schlug ich vor, eine strukturiertere Form zu wählen und das Licht | |
nach unten auf den Boden scheinen zu lassen. Das gab dem ganzen eine | |
mysteriöse Atmosphäre. Ich habe also nicht direkt mitgebaut, aber das | |
Konzept änderte sich drastisch. In diesem Moment beschlossen wir, zusammen | |
zu arbeiten. | |
Von einigen Projekte wissen sie schon jetzt, daß sie nie zu realisieren | |
sind. | |
Oldenburg: Ich habe 1965/66 mit einer bis heute fortgesetzten Reihe | |
begonnen, die „proposals for Colossal Monuments“ heißt. Diese Zeichnungen | |
waren ironisch gemeint und entstanden im Bewußtsein, daß es unmöglich ist, | |
sie zu bauen. Das waren sehr realistische Phantasien mit logischen | |
Erklärungen, die suggerierten, die Projekte seien zu realisieren. Dazu | |
gehört der Vorschlag, sehr große Gebäude in der Form von Bällen zu | |
entwerfen, die auf Rollen gelagert und durch Motoren sehr langsam zu | |
bewegen wären. Sie würden wie Billardkugeln auf dem grünen Central Park | |
liegen und sich ständig bewegen. Wer also zur Arbeit ginge, müßte am Morgen | |
jeweils erst sein Gebäude suchen. Aber der Central Park ist heilig, und das | |
Projekt wäre viel zu teuer. Wichtig ist aber der Eindruck, es könnte | |
funktionieren. | |
Warhol in Köln, Rauschenberg in Düsseldorf, Lichtenstein in Köln. Warum | |
dieses Revival von Künstlern, die in den sechziger und frühen siebziger | |
Jahren ihre große Zeit hatten? Gibt es wieder einen Bedarf für Pop-art? | |
Oldenburg: Ich denke, das hat einen banaleren Grund. Ich bin 67, Roy ist | |
ein wenig älter, und Rauschenberg liegt dazwischen. Museen haben die | |
Angewohnheit, Künstlern dann Ausstellungen anzubieten, wenn sie in ein | |
Alter kommen, in dem sie wahrscheinlich nicht mehr lange selbst dazu | |
beitragen können. Wir betrachten das hier aber nicht als ein Ende, deshalb | |
heißt die Ausstellung „Eine Anthologie“ und ist keine Retrospektive. Es | |
sind mindestens noch einmal so viele Werke, die nicht in der Ausstellung | |
sind. Interview: Stefan Koldehoff | |
9 Mar 1996 | |
## AUTOREN | |
Stefan Koldehoff | |
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