| # taz.de -- Freispruch für Todesschützen | |
| > ■ Schuß auf 16jährigen Kurden löste sich von selbst, erklärt Landgeri… | |
| > Hannover | |
| Hannover (taz) – Drei Jahre nach seinem tödlichen Schuß in den Rücken des | |
| jugendlichen Kurden Halim Dener konnte der SEK- Beamte Klaus T. gestern das | |
| Landgericht Hannover als freier Mann verlassen. Die 3. Große Strafkammer | |
| des Landgerichts sprach den 30jährigen Polizisten vom Vorwurf der | |
| fahrlässigen Tötung frei, nachdem schon die Anklage einen vorsätzlichen | |
| Schuß auf den jugendlichen Plakatkleber nicht mehr in Betracht gezogen | |
| hatte. „Für den tödlichen Schuß auf den Dener kann dem Angeklagten | |
| strafrechtlich kein Vorwurf gemacht werden“, begründete der | |
| Kammervorsitzende August Wilhelm Marahrens das Urteil und wünschte dem | |
| Polizisten „nach drei harten Jahren alles Gute für die Zukunft“. | |
| Das Urteil des Landgerichts folgte ganz den Angaben des SEK- Beamten zum | |
| Tathergang. Demnach hatte der Polizist den am Boden liegenden 16jährigen | |
| Kurden in eine Art Schwitzkasten genommen, als er auf dem Pflaster seine | |
| eigene, ihm aus dem Holster gefallene Dienstwaffe bemerkte. Als der Beamte | |
| die Waffe einstecken wollte, habe sich der Kurde aus dem Griff gelöst, und | |
| der Polizist sei ins Straucheln gekommen. | |
| „Bei diesem Bewegungsablauf geriet der Angeklagte an den Abzug des nicht | |
| vorgespannten Revolvers, wodurch der Abzugswiderstand von 4,3 Kilo | |
| überwunden wurde und sich unbeabsichtigt ein Schuß löste“, führte Richter | |
| Marahrens aus. Bei der Schußabgabe habe „die waffenführende Hand nicht mehr | |
| der bewußten Kontrolle des Beamten“ unterlegen. | |
| Zwar habe in der Hauptverhandlung nicht geklärt werden können, mit welcher | |
| Art Griff der Angeklagte die Waffe aufgenommen habe und auch nicht, „wie | |
| die Schußabgabe selbst erfolgte“. Doch habe von den 19 vernommenen Zeugen, | |
| die alle die Schußabgabe selbst nicht beobachtet hatten, keiner die Angaben | |
| des Angeklagten widerlegen könne. | |
| Ihren Freispruch stützte die 3. Strafkammer des Landgerichts gestern vor | |
| allem auf ein Gutachten des Bremer Unfallforschers Professor Ungerer, der | |
| die Überwindung des hohen Abzugswiderstandes durch einen Reflex nicht | |
| ausgeschlossen hatte. | |
| Der Bremer Rechtsanwalt Hans-Eberhardt Schutz, der die Eltern des Getöteten | |
| vertritt, hatte kurz vor der Urteilsverkündung gestern noch beantragt, | |
| durch zwei weitere psychologische Sachverständige die Streßsituation klären | |
| zu lassen, die in den Augen des Gerichts ursächlich für die unwillkürliche | |
| Schußabgabe war. Rechtsanwalt Schutz, der dem Gericht Ermittlungspannen und | |
| einen verfrühten Abbruch der Beweisaufnahme vorwirft, will jetzt eine | |
| Revision gegen das Urteil prüfen. | |
| Den Smith&Wesson-Dienstrevolver, aus dem sich nach dem Urteil ohne ein | |
| Vorspannen der tödliche Schuß lösen konnte, hält das niedersächsische | |
| Innenministerium weiter für sicher. Er sei „bei den niedersächsischen | |
| SEK-Beamten, die intensiv durch Schießtraining geschult werden, in den | |
| richtigen Händen“. Jürgen Voges | |
| 28 Jun 1997 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürgen Voges | |
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