# taz.de -- Oberflächen rollen lassen | |
> ■ "Bandits" von Katja von Garnier schafft, was Frauenbands wie den Lassie | |
> Singers und Braut haut ins Auge nicht gelungen ist: die Aufnahme in den | |
> Mainstream | |
Nun tun es auch die Frauen im „neuen“ deutschen Film: gründen eine Band und | |
feiern eine Party nach der anderen. Katja von Garnier hat nach ihrem | |
Erstling „Abgeschminkt“ mit „Bandits“ einen Film gedreht, der wirklich | |
nichts mehr zu tun hat mit den sonstigen Mittdreißiger-Beziehungsklamotten, | |
an die man sich mittlerweile gewöhnt hatte. Eine Mischung aus | |
Rock'n'Roll-Film, Road-Movie und MTV-Clip in Long-Version, ein Film der, | |
anders als sein Männerpendent „Knocking On Heaven's Door“, das Tempo auch | |
bis zum Ende durchhält. Trotz einiger bemüht wirkender Purzelbäume, die die | |
Handlung am Laufen halten. Und das ist ja schon was. Der Plot ist schnell | |
erzählt: Eher unabsichtlich gelingt den vier Frauen der Knastcombo Bandits | |
die Flucht. Plötzlich stehen sie da und wissen zuerst so gar nichts mit | |
ihrer Freiheit anzufangen. Doch ihr Kapital ist ihre Band, ihre Musik. | |
Unter dem Banner von Rock'n'Roll war die Freiheit schon immer grenzenlos. | |
So geht es flott von München nach Hamburg, die Bandits werden Popstars, | |
rocken Häuser, bespielen Brücken und geben Hafenkonzerte. Nicht „lieber tot | |
als wie ohne Geld“, um es mit Degowski/Rösner zu sagen, aber besser als | |
„lebenslänglich“ ist es allemal. | |
Sehr plakativ und schematisch sind die Charaktere der vier Frauen angelegt. | |
Da sind die intellektuelle Drummerin Emma (Katja Riemann), die altersweise | |
Keyboarderin Marie (Jutta Hoffmann), die rotzige Bandleaderin Luna (Jasmin | |
Tabatabai) und die dumme Bassistin Angel (Nicolette Krebitz). So stellt | |
sich eine Katja von Garnier also eine Frauenband vor: vier unterschiedlich | |
harmlose Charaktere, die ein bißchen auf Thelma und Louise machen und via | |
Rock'n'Roll den Frauenbund fürs Leben und den Tod schmieden. Das Plakative | |
daran mag befremden, zumal ihre Gegenüber, die Verfolger von der Polizei, | |
noch schlimmer um die Ecke kommen: „Was ist dir lieber: Sex mit mir oder | |
deine Karriere?“ wird die Assistentin von ihrem Chef gefragt, und sie zieht | |
natürlich den Sex mit ihm vor. Und würde doch so gern wie die | |
Ausreißerinnen sein. Doch es macht auch Sinn. Denn tiefer schürfende | |
Psychologisierungen würden nur im Weg stehen, und Längen im Film gibt es | |
tatsächlich dann, wenn Emma und Marie ansatzweise ihre Geschichte erzählen | |
und Erklärungen für ihr Tun abgeben. Und da spielen dann natürlich auch | |
Männer eine Rolle. | |
Ansonsten gibt es nur einen, den die vier aber nicht wirklich brauchen: das | |
Levi's- und Calvin- Klein-Model Werner Schreyer, der gebraucht und dann wie | |
ein kaputtes Spielzeug weggeworfen wird. Das geht okay, und wie rebellisch | |
und riot-girl-mäßig die Damen drauf sind, ist fast nebensächlich. Lieber | |
mit beiden Händen an die Effekte fassen und Oberflächen rollen lassen. | |
„Bandits“ ist klasse 90er-Jahre-Mainstream- Kino, das den Mainstream auch | |
erreichen wird. Und wenn demnächst auch in Pankow, Frohnau und Marienfelde | |
ein paar Mädchen eine Band gründen, dann schafft der Film – wohl eher | |
unbeabsichtigt –, was Girlbands wie die Lassie Singers oder Die Braut haut | |
ins Auge in ihren ausschließlich subkulturellen Zusammenhängen nie | |
geschafft haben. Gerrit Bartels | |
„Bandits“. Regie Katja von Garnier. Mit Katja Riemann, Jasmin Tabatabai, | |
Jutta Hoffmann u.a. BRD 1997, 108 Minuten | |
3 Jul 1997 | |
## AUTOREN | |
Gerrit Bartels | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |