# taz.de -- „Mensch, jetzt könnte sie wieder aufstehen“ | |
> ■ Boxweltmeisterin Regina Halmich über Knockouts, Emanzipation und | |
> Machogehabe | |
taz: Frau Halmich,was wissen Sie über Erzsébet Borosi, Ihre 16. | |
Herausforderin? | |
Regina Halmich: Gar nicht so sonderlich viel. Daß sie in 14 Kämpfen | |
vierzehnmal gewonnen hat. Das sagt schon einiges über ihre Stärke aus. | |
Außerdem ist der Kampf eine Pflichtverteidigung. | |
Man muß also davon ausgehen, daß Frau Borosi eine Weile auf den Beinen | |
stehen wird? | |
Oh ja, auf jeden Fall. | |
Es soll Sie mitgenommen haben, als zuletzt die Argentinierin Lourdes | |
Gonzales nach 79 Sekunden zusammensackte. | |
Am Anfang eigentlich nicht. Da es ein Schlag auf den Körper war, wußte ich | |
aber, daß sie dadurch keine wahnsinnigen Schäden hatte erleiden können. Als | |
sie dann so da lag und nicht mehr aufstand, war es schon ein Schreck für | |
mich. Da habe ich nur noch gedacht: Mensch, jetzt könnte sie aber mal | |
wieder aufstehen. | |
Ein K.o.-Schlag ist etwas, was man einkalkulieren muß. | |
Natürlich. Das kann genausogut mir passieren. Es handelt sich hier um | |
Berufsboxen – und das ist ein harter Sport. Ich bin mir der Gefahr bewußt, | |
und auch meine Gegnerinnen wissen, worauf sie sich einlassen. Da beschwert | |
sich auch niemand. | |
Niemand? Der „Spiegel“ beispielsweise kam zu der Ansicht, sie hätten mit | |
diesem Blitz-K.o. gleich das ganze Frauenboxen auf die Intensivstation | |
gehauen. | |
Der Bericht im Spiegel war nicht nur gegen das Frauenboxen, sondern auch | |
gegen mich. Die haben wohl gedacht, sie müßten mir eins auswischen und mich | |
als die kleine Blöde hinstellen. | |
Ihr K.o.-Schlag hat dem Frauenboxen nicht geschadet? | |
Überhaupt nicht. Ich habe das Frauenboxen in Deutschland nach oben | |
gebracht. Daß jetzt behauptet wird, ich würde es wieder nach unten bringen, | |
ist sehr unglaubwürdig. | |
Immerhin aber hat selbst Ihr Arbeitgeber, Peter Hanraths von | |
Universum-Boxpromotion, festgestellt: „So etwas kann diese Sportart nicht | |
gebrauchen.“ | |
Er wurde nicht richtig zitiert. Peter Hanraths meinte nur, daß es nicht gut | |
ist, weil es die Leute erschreckt hat. Ich selbst war ja auch erschrocken. | |
Es ist halt ein ungewohntes Bild, wenn eine Frau k.o. geht. Das ist einfach | |
was anderes als bei einem Mann ... | |
Genau das sagen die Männer, die Frauenboxen kritisieren. | |
Richtig starke Männer haben damit kein Problem. Die erkennen die Leistung | |
an. Es gibt aber immer auch Männer, die Angst haben, daß sie selbst nicht | |
im Mittelpunkt stehen. Oder daß Frauen etwas gar besser können als sie. Und | |
das endet dann in Machogehabe. | |
Vielleicht möchten Sie den Machos erklären, warum Frauen boxen sollen. | |
Sie sollen boxen, weil es für mich keine Unterschiede gibt, ob ein Sport | |
von einer Frau oder von einem Mann ausgeübt wird. Boxen ist ein harter | |
Sport. Deswegen denken manche Männer wohl, daß ihn nur Männer ausüben | |
können. | |
Kämpfen Sie für die Emanzipation? | |
Mit Emanzen und emanzipatorischen Dingen habe ich eigentlich überhaupt | |
nichts zu tun. Der Sport macht mir einfach Spaß. Klar ist aber auch, daß | |
man den Leuten etwas beweisen will; gerade wenn man soviel Kritik einsteckt | |
wie ich: Nämlich daß man diese Sache, das Boxen also, auch als Frau sehr | |
wohl beherrschen kann. | |
Für das Magazin „Penthouse“ trugen Sie Boxhandschuhe – aber sonst nicht | |
viel. Kämpfen Sie so um Akzeptanz? | |
Ich war auf diesen Fotos ja nie nackt, sondern hatte immer die | |
Boxhandschuhe vor dem Körper. Da hat man nie wirklich was gesehen. Außerdem | |
glaube ich, daß ich mir so etwas erlauben kann, weil meine Leistung stimmt. | |
Wenn meine Leistung schlecht wäre und ich über diese Schiene versuchen | |
würde, bekannt zu werden, wäre es natürlich der falsche Weg. Interview: | |
Frank Ketterer | |
10 Jul 1999 | |
## AUTOREN | |
Frank Ketterer | |
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