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# taz.de -- „Volksfeinde“ auf dem Index
> ■  Eine Neonazi-Gruppe mit dem Namen „Anti-Antifa Kurpfalz“ sammelt…
> über vermeintliche Linke in Berlin. Nach einer Anzeige ermittelt auch die
> Staatsanwaltschaft
Die Liste umfasst zwei Seiten tabellarisch aufgelistete Namen, Adressen,
Telefonnummern, Kfz-Kennzeichen. Was die genannten Personen miteinander
verbindet: Eine Neonazi-Gruppe, die sich selbst „Anti-Antifa Kurpfalz“
nennt, sieht in ihnen „Antifa-Aktivisten bzw. Volksfeinde“. Auf der
Schwarzen Liste, die einer Antifa-Gruppe jetzt anonym zugespielt wurde,
sind rund 40 Namen genannt, die ins Visier der extremen Rechten geraten
sind.
Unter den Betroffenen finden sich Bezirksbürgermeister und
Bezirksverordnete von PDS und SPD, mutmaßliche Mitglieder von
Antifa-Gruppen, Schülerzeitungsredakteure und sogar eine Rentnerin. Mehrere
Journalisten, die sich mit dem Thema Rechtsextremismus beschäftigen, werden
aufgeführt, darunter ein Autor der taz. Selbst „Leserbriefschreiber in
diversen Zeitungen“ haben die unbekannten Hersteller erfasst. Katalogisiert
wurden Geburtstage, Familienverhältnisse, Parteizugehörigkeiten und
Aufenthaltsorte.
Weitere Angaben tendieren fast ins Absurde: Bei einem Betroffenen findet
sich unter dem Stichwort „Gesinnung, Partei“ die Angabe „Drogendealer“.…
anderer wird in der Manier der Dreißigerjahre als „Rotfront-Aktivist“
geoutet, ein Dritter muss sich die Berufsangabe „Sprayer“ gefallen lassen.
Beigelegt sind dem vierseitigen Schreiben, das offensichtlich einen
Berliner Neonazi erreichen sollte, Aufkleber mit der Aufschrift
„Zeckenterror stoppen“ oder einem abgewandelten Reichsadler als Symbol. Ein
Begleitschreiben enthält die Aufforderung, Adressen von „Linken, SPD, usw.“
an eine Postfachadresse zu schicken.
Ein Sprecher des Verfassungsschutzes erklärte gestern, dem Amt lägen keine
Erkenntnisse über eine „Anti-Antifa Kurpfalz“ vor. „Von Zeit zu Zeit gibt
es solche Veröffentlichungen.“
Marion Seelig, innenpolitische Sprecherin der PDS im Abgeordnetenhaus, wies
darauf hin, dass solche Veröffentlichungen die Gefährlichkeit der rechten
Szene belegten. „Wir nehmen das sehr ernst.“ Unter den Genannten sind
zahlreiche Mitglieder der PDS. Dass es nicht immer bei Drohungen bleibe,
bewiesen ein versuchter Rohrbombenanschlag auf ein Mitglied der PDS in
Treptow oder der Mordversuch des Nazi-Terroristen Kay Diesner an einem
PDS-Buchhändler. Auch Drohanrufe seien keine Seltenheit. Seelig sprach von
einem terroristischen Potenzial in der rechtsextremen Szene. „Der
Verfassungsschutz wiegelt die Gefahr ab“, kritisierte Seelig, die selber
schon Drohungen erhalten hat.
Ein Betroffener hat inzwischen Anzeige gegen Unbekannt wegen Bildung einer
kriminellen Vereinigung, Rufmord und Volksverhetzung erstattet.
Justizpressesprecherin Michaela Blume bestätigte gestern, dass die
Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufgenommen hat.
Andreas Spannbauer
25 Aug 1999
## AUTOREN
Andreas Spannbbauer
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