# taz.de -- Ecuadors Präsident flieht zum Dollar | |
> Im Clinch mit Volk und Zentralbank will Jamil Mahuad mit der | |
> Dollarisierung des Landes einen Ausweg aus der Krise finden | |
Berlin (taz) – Ecuador dollarisiert sich. Am späten Sonntagabend kündigte | |
Präsident Jamil Mahuad an, der Kurs des ecuadorianischen Sucre gegenüber | |
dem US-Dollar werde künftig bei 25.000:1 eingefroren. Alle Preise, Löhne | |
und Gehälter sollen künftig in Dollar fixiert werden. Gleichzeitig trat | |
sein gesamtes Kabinett zurück. Wann die Dollarisierung in Kraft treten | |
solle, ließ Mahuad offen. | |
In den vergangenen Wochen waren tausende EcuadorianerInnen gegen den | |
Präsidenten auf die Straße gegangen und hatten seinen Rücktritt gefordert. | |
Umfragen zufolge waren nur neun Prozent der Bevölkerung zufrieden mit der | |
Arbeit des Präsidenten – 45 Prozent forderten seinen Rücktritt. Mahuad | |
hatte sein Amt erst im August 1998 angetreten. Seine Legislaturperiode | |
endet im Jahr 2003. | |
Hintergrund der Proteste gegen Mahuad ist die wirtschaftliche Krise. Die | |
Arbeitslosigkeit liegt bei 17 Prozent, das Bruttosozialprodukt ist 1999 | |
nach vorläufigen Zahlen um 7,3 Prozent gesunken, die Inflation lag bei 60,7 | |
Prozent. | |
Die Dollarisierung war schon seit Wochen als möglicher Ausweg aus der Krise | |
und dem rasanten Verfall der Landeswährung diskutiert worden. Hauptgegner | |
ist ausgerechnet der Vorstand der ecuadorianischen Zentralbank – und der | |
wurde nun vom Präsidenten ultimativ zur Zustimmung aufgefordert – | |
anderenfalls werde er auf der für heute einberufenen Sondersitzung des | |
Parlaments die Absetzung aller Zentralbankfunktionäre durchsetzen, die sich | |
der Dollarisierung entgegenstellten. Gleichwohl konnte sich der Vorstand | |
auch nach achtstündiger Debatte am Sonntag nicht darauf verständigen, dem | |
Präsidenten zuzustimmen. Hier steht ein Machtkampf noch bevor, zudem auch | |
der Internationale Währungsfonds, der in anderen Ländern | |
Dollarisierungsmaßnahmen selbst angeleitet hat, sich bislang eher | |
überrascht über den Schritt des Präsidenten zeigte. | |
Umstritten bleibt auch, wie die Dollarisierung eigentlich finanziert werden | |
soll. Mahuad erklärte, das Land verfüge über ausreichend Devisenreserven, | |
um den eingefrorenen Kurs des Sucre halten zu können. Doch erst Ende | |
vergangenen Jahres hatte sich Ecuador wegen leerer Staatskassen für einen | |
Teil seiner enormen Auslandsschulden von 13,12 Milliarden Dollar für | |
zahlungsunfähig erklärt. In allen anderen Ländern, in denen die | |
Dollarisierung als Instrument der Inflationsbekämpfung eingesetzt worden | |
war, war die Auslandsschuld aufgrund des hohen Devisenbedarfs zur | |
Stabilisierung der eigenen Währung massiv angestiegen. | |
In den nächsten Tagen will Mahuad sein neues Kabinett vorstellen. Im | |
Kongress, hofft er, findet er für seine Reformvorstellungen genügend | |
Unterstützung. Der ehemalige Zentralbankchef Eduardo Valencia formulierte | |
vor wenigen Tagen, das Misstrauen der Bevölkerung gehe weit über Präsident | |
und Zentralbank hinaus: „Es ist ein Misstrauen gegen das ganze politische | |
System und seine Institutionen“, sagte Valencia. In den vergangenen Wochen | |
waren sogar Gerüchte über einen geplanten Militärputsch aufgekommen, die | |
die Generalität allerdings eiligst dementierte. | |
Mit der Dollarisierung und dem Rücktritt des Kabinetts versucht Mahuad, | |
nach Monaten des politischen Stillstandes nun die Initiative | |
zurückzugewinnen. Sollte ihm das Parlament dabei ein Bein stellen, dürfte | |
er ausgedient haben. | |
Bernd Pickert | |
11 Jan 2000 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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