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# taz.de -- Spree-Kennedy sucht Kubakrise
> Frank Steffel, Spitzenkandidat der CDU in Berlin, darf ein
> Himmelfahrtskommando gegen die Kommunisten anführen
„Frank, Sie müssen es machen“, soll Exbundeskanzler Helmut Kohl den
35-jährigen Frank Steffel bei Tagliatelle canterelli und einem Chianti
Riserva im Berliner Grunewald ermutigt haben. Seit Sonntag steht fest: Der
„Kennedy von der Spree“, wie er mitunter schon genannt wird, macht es
tatsächlich. Steffel, erst im Mai zum Fraktionsvorsitzenden der CDU im
Berliner Abgeordnetenhaus gewählt, soll nun auch als Spitzenkandidat bei
den Neuwahlen im Herbst antreten.
Man könnte auch sagen: Frank Steffel hat die Einladung zu einem
Himmelfahrtskommando angenommen. Denn nachdem die SPD eine Zusammenarbeit
mit der PDS nicht länger zum Tabu erklärt und sich eine Rückkehr in die
große Koalition verbaut hat, rätseln Wahlforscher nur noch darüber, ob die
CDU 30 Prozent oder 37 Prozent holen wird. Das ist, aller Voraussicht nach,
zu wenig.
Frank Steffel hat also keine Chance, aber er nutzt sie. Instinktsicher hat
sich der promovierte Kaufmann in den vergangenen Monaten an die Spitze der
CDU spülen lassen. Als sein politischer Ziehvater Klaus-Rüdiger Landowsky
im Zuge der Affäre um die Bankgesellschaft seinen Posten abgeben musste,
setzte sich Steffel fast unangefochten durch, indem er zunächst
bedingungslose Loyalität demonstrierte und sich dadurch freundlichst als
Thronfolger empfahl. Ein Erfolgsrezept, das Steffel jetzt auch die
Nachfolge von Eberhard Diepgen – zumindest als Kandidat – garantiert hat.
Wer aber hätte es auch sonst machen sollen? Steffel trifft mit seiner
Freude an der provokanten Formulierung stets den richtigen falschen Ton,
den ein großer Teil der CDU-Wählerschaft als Herz und Schnauze zu schätzen
weiß, pöbelt dabei je nach Bedarf sowohl gegen die Bösartigkeit der
Kommunisten als auch, wie unlängst auf einer Klausurtagung der CDU, gegen
die Herzlosigkeit des großen Kapitals. Mit seiner schlaksigen Haltung,
seinem Alter und seiner erfrischenden Grobheit, die sich von den
phrasenhaften Auskünften vieler seiner Kollegen unterscheidet, verkörpert
Steffel jenen Neuanfang, den die CDU dringend nötig hat. Worin diese Zäsur
bestehen soll, das allerdings hat der Kandidat bisher für sich behalten.
Nun muss er seiner Partei wenigstens einen Achtungserfolg verschaffen, gilt
es doch als wahrscheinlich, dass der Raumausstattungsunternehmer (300
Angestellte, 150 Millionen Mark Jahresumsatz) aus dem konservativen Bezirk
Reinickendorf für seine Partei im Herbst eine neue Niederlassung auf der
Oppositionsbank eröffnen darf. Immerhin verspricht seine Kandidatur einen
unterhaltsamen, weil harten Wahlkampf. Als Steffel Anfang Juni einsah, dass
der Bruch der Koalition nicht mehr zu verhindern war, schwenkte er auf eine
Linie des strikten Antikommunismus um und ließ sich zu pathetischen
Appellen hinreißen: „Überlassen wir die Stadt nicht den Kommunisten!“
Inzwischen hat jedoch auch er festgestellt, dass die Angst vor der PDS vor
allem in Kneipen mit Namen wie „Zum letzten Eck“ blüht, ein seriöser
Auftritt sich damit aber kaum gestalten lässt. Deswegen will der
Spitzenkandidat den „roten Zockern“ nun lieber fehlende Kompetenz in der
Wirtschaftspolitik nachweisen.
Es dürfte, angesichts des riesigen Schuldenberges, den die CDU aus ihrer
Regierungszeit hinterlassen hat, schwierig werden. ANDREAS SPANNBAUER
19 Jun 2001
## AUTOREN
ANDREAS SPANNBAUER
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