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# taz.de -- Es bleibt in der Familie
> Serena Williams schwingt sich mit ihrem Sieg bei den US Open in eine
> eigene Klasse der Tennisprofis auf – und hängt dabei selbst ihre
> Finalgegnerin und Schwester Venus Williams deutlich ab
aus New York DORIS HENKEL
Es war oft von einer Dreiklassengesellschaft des Frauentennis die Rede in
diesem Jahr. In der ersten Klasse die beiden Williams, in der zweiten die
Herausforderinnen wie Capriati, Davenport, Mauresmo, demnächst auch wieder
Hingis, Clijsters und Henin. Und in der dritten der ganze Rest, angeführt
von Talenten wie Daniela Hantuchova. Aber nach dem letzten großen Turnier
des Jahres 2002 sieht es so aus, als müsse man weiter zählen. Mit ihrem
dritten Grand-Slam-Titel innerhalb weniger Monate ist Serena Williams mit
Wucht und Mumm in eine eigene Liga aufgerückt, zu der noch nicht mal ihre
Schwester Zutritt hat. Samstagabend in New York gewann sie vor mit 23.000
Zuschauern voll besetztem Haus souverän 6:4, 6:3 – und Venus Williams war
machtlos.
Man hat sich an die Dominanz der beiden gewöhnt, aber prinzipiell ist es ja
immer noch kaum zu glauben. Seit Serenas erstem Sieg bei den US Open 1999
hat jede der beiden Schwestern vier Grand-Slam-Titel gewonnen, und der
einzige, der der Familie noch fehlt, ist jener aus Melbourne. Wegen einer
Fußverletzung, die sie sich am Wochenende vor dem Beginn der Australian
Open zugezogen hatte, musste Serena dieses Jahr in Melbourne zuschauen, wie
die Schwester im Viertelfinale verlor und Jennifer Capriati schließlich den
Titel verteidigte.
Drei von vier – da fehlt nicht mehr viel bis zum Grand Slam. Steffi Graf
war 1988 die Letzte, der es gelang, in einem Jahr in Melbourne, Paris,
Wimbledon und New York zu gewinnen, und in die Nähe kam seitdem nur noch
Martina Hingis mit drei Titeln 1997. Das war jenes Jahr, in dem Venus
Williams zum ersten Mal mitspielte und in dem sie auch gleich beim ersten
Auftritt in New York das Finale erreichte. Aber selbst angesichts dieses
Erfolges war seinerzeit noch kaum einer bereit, dem schlauen Richard
Williams zu glauben, der versicherte, seine Töchter würden dereinst die
Nummern eins und zwei des Frauentennis sein.
Dass er Recht gehabt hat, weiß man spätestens seit Anfang Juni, denn so
lange stehen die Schwestern nun tatsächlich an der Spitze. Seit Wimbledon
führt Serena vor Venus. Den Vorsprung hat sie nun vergrößert, und dafür
gibt es nach der Meinung der großen Schwester zwei Gründe. „Um ehrlich zu
sein“, sagte die, „ist es ziemlich leicht, gut zu spielen, wenn man gerade
zwei Grand-Slam-Titel gewonnen hat und wenn das Selbstvertrauen höher ist
als je zuvor. Man denkt dann, dass man wirklich alles schaffen kann.“
Genauso sieht das aus, wenn Serena spielt, ob im Viertelfinale beim Sieg
gegen Hantuchova, im Halbfinale gegen die erfreulich starke Lindsay
Davenport oder im Finale gegen Venus. Die hatte größere Schwierigkeiten,
gab sowohl gegen Seles als auch gegen Mauresmo einen Satz ab und leistete
sich für ihre Verhältnisse bisweilen erstaunlich viele Fehler. Sie sei ein
wenig müde, erklärte Venus, und sie brauche jetzt dringend eine Pause. Im
Gegensatz zu Serena, die nach dem Finale in Wimbledon nur noch Anfang
August beim Turnier in Los Angeles spielte und dabei früh verlor, gewann
Venus nacheinander die Titel in Stanford, San Diego und New Haven und
fühlte sich nicht mehr taufrisch, als die US Open begannen.
Fragt man Serena nach den Gründen ihres Erfolges in diesem Jahr, dann sagt
sie, sie sei reifer und entspannter als früher, nicht mehr so gestresst.
Sie macht kein Hehl daraus, dass sie die stetig steigende Aufmerksamkeit
genießt, und sei es, wenn es um einen hautengen, schwarzen Spielanzug geht,
und darum, wie sie darin aussieht. Mal sehen, was sie im nächsten Jahr zu
bieten haben wird, was Ausstattung und Titelsammlung betrifft. Serena
Williams sagt, ihr Ziel sei es, zu Beginn des kommenden Jahres endlich in
Australien zu gewinnen. Und natürlich den Grand Slam zu gewinnen. Aber da
schränkt sie ein, das sei vielleicht doch nicht so einfach, weil die
anderen ja auch ganz gut spielten.
Venus und die anderen, hätte sie sagen können, aber das tut sie natürlich
nicht. Schließlich liebt sie ihre Schwester, auch wenn man davon im Spiel
immer weniger sieht.
9 Sep 2002
## AUTOREN
DORIS HENKEL
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