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# taz.de -- „Kanzler Schröder ist der einzige Proamerikaner“
Interview SVEN HANSEN
taz: Herr Galtung, ist ein Krieg gegen Irak schon beschlossen?
Johan Galtung: Die Regierungen der USA und Großbritanniens wollen den
Krieg. Der wohl einzige Weg, ihn noch zu verhindern, wäre, wenn alle
Verbündeten dazu nein sagten. Für einen totalen Alleingang hat die
US-Regierung nicht den Mut, weil sie Probleme mit ihrer eigenen Bevölkerung
fürchen muss. Wie viele Menschen die USA im Irak töten, spielt für diese
Geofaschisten keine Rolle. Ich benutze den Ausdruck ganz bewusst: Die USA
sind ein geofaschistisches Land. Es ist auf der Weltebene faschistisch,
obwohl es zu Hause demokratische Züge hat. Es ist ein Fehler zu glauben,
bei Demokratie im Inland gibt es keinen Faschismus. Ich sehe Faschismus als
Gewaltfrage: also bereit zu sein, eine beliebige Menge von Leben zu opfern
zur Erreichung politischer Ziele; zu sagen, es gibt etwas Höreres als
menschliches Leben. Die Schätzungen der von den USA weltweit getöteten
Menschen seit dem Zweiten Weltkrieg schwanken zwischen 12 und 16 Millionen.
Schon die niedrigere Zahl reicht mir für mein Urteil. Bei allen
US-Interventionen geht es darum, das eigene ökonomische System zu
befördern.
Was halten Sie von dem Argument des US-Vizepräsidenten Dick Cheney, der
meint, im Falle des Irak nichts zu tun wäre gefährlicher als anzugreifen?
Das gilt für an die 60 Länder, die auf Washingtons Liste derer stehen, die
angeblich Terroristen beherbergen. Deshalb ist es ein gefährliches
Argument. Cheney kann immer sagen, der Geheimdienst hätte herausgefunden,
dass ein Nuklearwissenschaftler aus Russland vor zwei Monaten mit einem
Koffer reiste und niemand wisse, was in dem Koffer sei. Genauso kann er
immer sagen, es fehle hochangereichertes Uran irgendwo in Kasachstan. Denn
bestimmt fehlt dort irgendetwas. Gerade weil das Argument immer gilt,
besagt es nichts. Man muss doch klare Beweise haben, bevor man mehrere
hunderttausend Iraker tötet. Beim letzten Golfkrieg starben 320.000 Iraker:
180.000 Zivilisten und 140.000 Militärs.
Warum wollen US-Politiker Irak angreifen?
Sie haben Probleme mit Saudi-Arabien und brauchen hierfür Ersatz – sowohl
für das Öl wie für die US-Stützpunkte.
Irak hat viel weniger Öl als Saudi-Arabien.
So wenig ist es nicht, zumal die Vorräte in Saudi-Arabien zur Neige gehen.
Dazu kommt selbstverständlich das Öl in der Umgebung vom Kaspischen Meer.
Die Militärbasen sind für Zentralasien, denn das ist das wichtigste Gebiet
für die USA – sowohl für die Politik wie für die Ölversorgung.
Warum ist Zentralasien politisch wichtig?
McKinders berühmte geopolitische These von 1902 lautet: Wer Osteuropa
beherrscht, beherrscht Zentralasien. Wer das beherrscht, beherrscht die
„Weltinsel“ Eurasien. Wer Eurasien beherrscht, beherrscht die Welt.
Aus Ihrer Sicht war der Krieg gegen den Terror ohnehin nur ein Vorwand,
während die Kontrolle der Region das eigentliche Ziel war. Hier hatten die
USA doch gewisse Erfolge.
Der Kampf gegen al-Qaida war ein Misserfolg, aber im Hinblick auf die zwei
klassischen Ziele – Öl und Basen – scheint der Krieg bis heute ein Erfolg
zu sein. Die Ölleitung von Turkmenistan durch Afghanistan nach Pakistan
wurde am 30. Mai vereinbart. Ein Mitglied der afghanischen Loja Dschirga,
der großen Ratsversammmlung, hat mir Folgendes erzählt. Das letzte Angebot
des US-Konzerns Unocal in den Ölverhandlungen betrug 43 Prozent des Gewinns
für Unocal und 57 Prozent für die beteiligten Länder. Die argentinische
Ölgesellschaft Bridas verlangte in ihrem Angebot für sich nur 22 Prozent.
Die Taliban nahmen dieses Angebot an, die Amerikaner waren wütend.
Daraufhin sendete CNN, der Kanal des State Departement, am nächsten Tag
lange Berichte über Menschenrechtsverletzungen der Taliban.
Das US-Außenministerium bestimmt, was CNN sendet?
Ich sage nicht, dass die US-Regierung ganz CNN kontrolliert, sondern nur,
dass sie einen Draht hat. US-Journalisten nennen das Patriotismus und
empfinden das nicht als Zensur oder Eingriff. Sie sind stolz darauf. Man
muss trennen zwischen der lokalen Demokratie, die in den USA gut und stark
ist, und der Demokratie auf nationaler Ebene, die mit Ausnahme der letzten
Wahl so schlecht nicht ist, und international, wo den USA demokratische
Prinzipien egal sind. Deshalb ihr mangelnder Respekt für die UNO. Und
gegenüber al-Qaida galt doch nur, die Organisation zu zerstören.
Wie erklären Sie sich die Anschläge vom 11. September?
Es gibt eine Gewaltspirale und eine Vergeltungsspirale. Man kann doch nicht
unentwegt Gewalt ausüben, ohne dass zurückgeschlagen wird. Das war am 11.
September der Fall. Die USA versuchen das zu ignorieren – als ob es keine
Ursache gebe, sondern nur das Böse schlechthin.
Der 11. September war eine Gegenreaktion?
Ja. Damit verteidige ich aber die Anschläge in keinster Weise. Die
Militärinvention der USA folgte auf dem Fuß. Es gab drei Phasen der
US-Interventionen. Die erste erfolgte in Ostasien, in Korea und Vietnam,
die zweite in Lateinamerika – das waren meist nicht so viele Bombardements,
aber auch da gab es einen 11. September: 1973 in Chile. Der Putsch gegen
Allende wurde von den USA und dem Kriegsverbrecher Henry Kissinger
organisiert. Und dann die dritte Phase in Westasien. Dort haben die USA den
Islam unterschätzt. In der ersten Phase ging es meist gegen Buddhisten: Die
haben eine ganz andere Einstellung zur Gewalt. In der zweiten Phase ging es
gegen Katholiken: Die glauben, das stärkste Land sei das am meisten vom
lieben Gott auserwählte. Dort haben die USA noch eine gewisse Autorität wie
einst Spanien. Diese beiden Voraussetzungen sind in Westasien nicht
vorhanden. Dort gab es eine Reaktion. Die hat etwas mit Gewalt zu tun, aber
auch mit Beleidigung religiöser Gefühle vor allem der Wahhabiten, also der
Anhänger der Staatsreligion in Saudi-Arabien. Die sind wie die Puritaner in
den USA und glauben auch, es gehe um Auserwähltsein, um ein heiliges Land,
um Gehorsamkeit und einen grausamen Dualismus: Entweder bist du für mich
oder gegen mich.
Ein Kampf zweier Kulturen, die sich für auserwählt halten?
Nein, die These vom Kampf der Kulturen ist idiotisch, ein
Etikettenschwindel. Denn das Buch vom „Clash of Civilisations“ hat fast
nichts mit Zivilisation zu tun. Der Titel hätte „Clash of Regions“ lauten
müssen, denn Huntington analysiert acht Regionen politisch, militärisch und
ökonomisch, aber nicht zivilisatorisch. Hätte er vom Kampf der Kulturen
geschrieben, hätte er seine eigene Kultur analysiert. Doch das wagt er
nicht, nicht von Harvard aus, der Denkschule der Puritaner, die 1635 als
theologische Fakultät gegründet wurde. Jetzt haben wir einen Kampf der
Fundamentalisten. Zwei Fundamentalismen nehmen uns in die Zange: Auf der
einen Seite die Wahhabiten, auf der anderen die Puritaner und
Marktfundamentalisten. Dort sind die Auserwählten die Unternehmen, und das
Heilige Land ist der Markt. Es geht um Gewinne und Verluste, und das
Armageddon heißt Pleite.
Was haben die Attentäter vom 11. September mit der Staatsreligion in
Saudi-Arabien zu tun?
15 der 19 mutmaßlichen Attentäter waren Saudis. Es ging am 11. September um
ganz bestimmte Gebäude. Da frage ich mich, was Saudi-Araber gegen diese
Gebäude haben? Beleidigung der Religion, einer Religion mit Askese, wo die
Einhaltung der religiösen Sitten unmöglich ist unter dem Joch des schwarzen
Goldes. Und dazu gibt es Mohammeds These, es dürfe keine zweite Religion in
diesem Land geben. Doch dann gibt es dort zahlreiche Ölingenieure,
Geschäftsleute, Militärs – eine klare Beleidigung.
Der 11. September war eine Auflehnung gegen die Herrschaft des Geldes in
Saudi-Arabien?
Es ging um mehr als Geld, denn auch das Pentagon wurde angegriffen. Es ging
auch um die Anwesenheit von US-Soldaten in Saudi-Arabien, wobei das
militärische Element weniger wichtig ist als die christliche Religion der
Soldaten.
Der kürzlich verhaftete mutmaßliche „20. Attentäter“, Ramsi Binalshibh,
sagte, das in Pennsylvania abgestürzte vierte Flugzeug hätte ins Capitol
fliegen sollen.
Das glaube ich nicht. Die Anschläge vom 11. September zielten nicht gegen
die amerikanische Zivilisation und Demokratie. Denn dann hätte man auch die
Freiheitsstatue, Hollywood oder den US-Heldenfriedhof Arlington
angegriffen.
Das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington sind aber
doch zentrale Symbole.
Ja, für die wirtschaftliche und militärische Gewalt. Da sind sie sogar
wichtige Instrumente. Aber wenn die Amerikaner sagen: Das ist unsere
Kultur, würde ich sagen: Nein. Ich liebe Amerika, finde dort viele
wunderbare Sachen und nicht nur ökonomische und militärische Durchdringung.
Die Amerikaner machen hier einen Riesenfehler in ihrer Propaganda. Sie
versuchen nicht zu verstehen, dass es ein klares Nein zu dem gibt, was sie
Globalisierung nennen.
Sie werfen den USA vor, al-Qaida nur zerstören zu wollen. Kann man mit
Terroristen einen Dialog führen?
Sie meinen mit Bush? Ich finde das schwierig. Aber dann führt man einen
Dialog nicht mit Bush, sondern eben mit Leuten aus seinem Umfeld und
dasselbe mit Bin Laden. Terroristen und Staatsterroristen sind für mich
dieselben Faschisten, die Menschenleben opfern zur Durchsetzung politischer
Ziele. Ob Täter eine Uniform tragen oder nicht, ist für die Opfer egal.
Immer wenn ein direkter Dialog schwierig ist, gibt es im Umfeld die
Möglichkeit dazu.
Wo würden Sie in den USA ansetzen?
Zum Beispiel bei einem Assistenten des Vizeaußenministers. Man findet immer
jemanden. Wichtig ist, dass da Ideen hochkommen.
Wer wäre bei al-Qaida ansprechbar?
Es ist doch naiv, bei al-Qaida von einer Pyramide auszugehen, an deren
Spitze Bin Laden steht mit viel Geld. Ich bin nicht überzeugt, dass dieses
Feindbild zutrifft. Es geht doch mehr um Hass gegen die US-Außenpolitik und
um Zellen, die sich selbst organisieren und durch Glauben koordiniert sind.
Es gibt in der muslimischen Welt viel Opposition gegen die
Fundamentalisten. Es gibt aber auch einige, die dazwischen stehen. Und mit
denen führe ich sehr gute Dialoge.
Wie bewerten Sie die neue Nationale Sicherheitsstrategie der USA, nach der
Washington sich das Recht herausnimmt, beim Verdacht auf die Produktion von
Massenvernichtungswaffen präventiv anzugreifen?
Das ist die Selbstausstellung einer Blankovollmacht. Sie ermöglicht Bush,
überall anzugreifen, wo er eingreifen möchte. Beweise wird er nicht auf den
Tisch legen. Denn er wird immer sagen: Alles geheim, weil sonst die Agenten
gefährdet würden. So neu ist diese Strategie aber nicht. Wenn wir die 67
US-Interventionen seit 1945 betrachten, wurde schon öfter so vorgegangen.
Bush möchte jetzt den Terorismus in die Liste der Vorwände aufnehmen.
Früher musste der Kommunismus für Interventionen herhalten, jetzt soll der
Terrorismus die Lücke füllen.
Gibt es einen Zielkonflikt zwischem dem Krieg gegen den Terror und einem
Krieg für einen Regimewechsel im Irak?
Die US-Politik ist leicht zu verstehen, wenn man sich die langfristigen
Ziele vergegenwärtigt. Der Krieg gegen den Terror ist ein Alibi. Die
wirklichen Zielsetzungen sind, einen Ersatz für Saudi-Arabien zu finden,
wobei ein Krieg gegen Saudi-Arabien eines Tages auch nicht auszuschließen
ist. Es geht darum, Ölfelder in einem Protektorat zu kontrollieren, wie
dies Großbritannien 1898 mit Kuwait vorgemacht hat. Das Ziel eines Falken
wie Wolfowitz [stellvertretender US-Verteidigungsminister; d. Red.] ist ein
Regimewechsel in allen 22 arabischen Ländern.
Wird es im UN-Sicherheitsrat einen Kuhhandel mit Russland und China geben,
um einen Angriff auf Irak zu legitimieren?
Es sieht nach einem Kuhhandel aus, das Öl zu teilen, also dass die USA ein
Ölangebot machen. Es gab ja schon einen Ölvertrag zwischen Russland und
Irak. Frankreich möchte auch etwas abhaben. Es hat eine gewisse Panik in
den USA ausgelöst, dass das Öl einfach verschwinden könnte, so dass man
schnell handeln muss. Gerüchteweise soll auch Chinas staatliche
Ölgesellschaft involviert sein. Damit wäre Pekings Enthaltung im
UN-Sicherheitsrat möglich. Aber jetzt hat ja Saddam Hussein die Inspekteure
eingeladen. Meine These zu Saddam und dem Irak ist, dass auch sie einen
Krieg wünschen, obwohl sie wissen, dass sie verlieren. Das hat mit drei
beduinischen Grundwerten zu tun: Ein Krieg, den man allein gegen eine
Übermacht führt, bietet die Möglichkeit, Mut, Ehre und Würde zu zeigen.
Wird Irak versuchen, Israel in den Konflikt hineinzuziehen?
Der große Satan heißt USA, und der kleine ist der Nachbar. Es gibt
Größenwahn bei den Irakis, sie sehen sich als die neuen Saladins, als
Eroberer Jerusalems von den Christen. Saladin war Kurde. Für Iraks
Größenwahn ist Israel eigentlich zu klein, deshalb braucht man die USA als
Hauptfeind.
Beim letzten Golfkrieg feuerte Irak Raketen auf Israel, das damals nicht
zurückschoss. Wie wird sich Israel jetzt verhalten?
Der Plan ist, dass Scharon zwei Millionen Palästinenser über den Jordan
abschiebt, also eine mögliche Verwirrung durch den Irakkrieg ausnutzt, um
die Palästinenser loszuwerden. Das dürfte mit Washington abgesprochen sein.
Irak möchte die arabische Nation sein, die noch dagegenhält.
Warum bezeichnen Sie das Regime von Saddam Hussein nicht als faschistisch?
Immerhin griff der zweimal Nachbarländer an und setzte Giftgas gegen die
eigene Bevölkerung ein.
Das sind „kleine Sachen“. Als England 1922 Gas gegen Irak eingesetzte, war
das auch eine „kleine Sache“ und nicht faschistisch. Den Ausdruck benutze
ich für große Verbrechen.
Wo ziehen Sie die Grenze?
Ich weiß nur, dass sich die USA jenseits dieser Grenze befinden. Beim Krieg
gegen den Iran ist Saddam Hussein den USA in die Falle gegangen, weshalb
ich ihn nicht nur als böse ansehe, sondern auch als dumm und naiv.
Psychologisch hat er sich jetzt teilweise gegen seine eigene Dummheit und
Naivität gewandt nach dem Motto: „Ich werde mich nie mehr von den USA in
etwas hineinlocken lassen.“ Der damalige Krieg war schlecht für den Irak
und den Iran.
Saddam war auch beim letzten Golfkrieg dumm, als er seine Truppen
konzentrierte und sie so zum leichten Ziel für die US-Luftwaffe machte.
Das hat er dieses Mal selbst gesagt und hinzugefügt, nächstes Mal werde er
seine Soldaten von Haus zu Haus kämpfen lassen. Jeder Iraker hat ein Gewehr
oder ein Messer. Für diese Häuserkämpfe möchten die Amerikaner gern
Schiiten und Kurden einsetzen, doch die sind nicht so begeistert. Wer an
Washington glaubt, kennt die Geschichte nicht. Die Afghanen haben das jetzt
gelernt. Es wird keinen Marshall-Plan für ihr Land geben. Bush versprach
zwar keine blühenden Landschaften, aber doch etwas Ähnliches.
Wer schädigt die UNO mehr: der Irak, der UNO-Resolutionen missachtet, oder
die USA, die drohen, auch ohne UN-Mandat Krieg zu führen?
Das Land, das die Vereinten Nationen am meisten beschädigt, ist Israel.
Alles, was Bush in seiner Rede vor der UNO gesagt hat, trifft zehnmal mehr
auf Israel als auf Irak zu: Massenvernichtungswaffen usw. Diese
Ungleichbehandlung beschädigt die UNO. Ich bin gegen den Fundamentalismus,
zu glauben, dass man auserwählt ist. Der einzige Weg ist Gleichbehandlung.
Bundeskanzler Schröder lehnt eine deutsche Beteiligung an einem Irakkrieg
auf jeden Fall ab, auch bei einem UN-Mandat. Was halten Sie davon?
Das ist wunderbar. Schröder hat gesagt, und ich hatte das auch schon mal
geschrieben: Ein Freund ist derjenige, der dir sagt, wenn du auf Abwegen
bist. Ein Feind ist derjenige, der zu allem applaudiert, auch zu völlig
irrsinnigen Sachen. Bush hat zwei merkwürdige Freunde: Aznar und
Berlusconi. Die kommen beide von faschistischen Zweigen ihrer Parteien mit
alten faschistischen Traditionen. Ich warne vor solchen Freunden und sage:
Kanzler Schröder ist der einzige Proamerikaner in dieser Bande. Ich hätte
seine Äußerungen aber auch gern von seinem Außenminister Joschka Fischer
gehört.
In Asien wird Europa als potenzielles Gegengewicht zu den USA gesehen. Ist
da was dran?
Es stimmt, dass die EU ein Gegengewicht sein könnte, aber nicht mit Armeen
und Flugzeugen. Da sie zwischen der arabischen Welt und den USA steht,
könnte die EU hier eine Vermittlerrolle spielen. Die EU kann auch im Nahen
Osten helfen. Eine Lösung wäre, was die Europäische Gemeinschaft in den
Fünfziger- und Sechzigerjahren gemacht hat: Die Nachbarländer haben zu
Deutschland gesagt: Komm zu uns. Du bist grausam, aber deswegen musst du in
der Familie sein. Sie haben es geschafft.
Die USA bekamen nach dem 11. September sehr viel internationale
Unterstützung für den Krieg gegen den Terror, weil sie da Opfer waren. War
das ein Fehler?
Es ging alles sehr schnell. Das Mitgefühl mit den Amerikanern war ja
berechtigt. Aber eine gewisse Klassensolidarität hat auch eine Rolle
gespielt. Am 11. September und direkt danach wusste man ja nicht, wer
dahinter steckte. Inzwischen weiß man, dass es mit den USA zu tun hatte und
mit Saudi-Arabien. Dann gab es Widerstand gegen die Politik der USA. Ich
habe die Medienberichterstattung um den 11. September 2001 analysiert.
Damals gab es sehr viel über Terrorismus, jetzt, ein Jahr danach, wird fast
nur noch über die USA berichtet. Sie werden jetzt für problematisch
gehalten. Ich möchte, dass man die Augen in beiden Richtungen offen hat.
28 Sep 2002
## AUTOREN
SVEN HANSEN
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