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# taz.de -- Angeschleppte Schreie
> Schlagzeuger Ivano Torre und Klarinettist Markus Eichenberger bei der
> MIB-Reihe „Improvisationen“
Auf Wiedersehen Tradition. Wo sie in den USA beim Free Jazz immer noch die
Jazz-Tradition im Kopf haben, sind die Europäer schon einen Schritt weiter,
oder besser: losgelöster. Improvisierte Musik ignoriert Spielkonventionen,
dafür setzt sie verstärkt auf Klangfarbe als Ausdrucksqualität. In Bremen
kümmert sich die MIB mit ihrer Reihe „Improvisationen“ um diese
Musik-Sparte, die nicht gerade ein Massenpublikum zieht. Die, die am
Dienstag dennoch zum Konzert von Ivano Torre und Markus Eichenberger kamen,
waren dafür umso interessierter.
Was gab es? Ein Schlagzeug mit zwei unterschiedlich großen Bass Drums, eine
Art Glockenspiel aus Armreifen, zahlreiche Becken und kleine Hängetrommeln,
etliches mehr – das Schlagzeug von Ivano Torre ist so unkonventionell wie
kleinteilig. Hernach verpackte er es in einen großen schwarzen Kasten, den
er auf seiner Tour mit dem Klarinettisten Markus Eichenberger, (mit seinen
vier Klarinetten noch recht gut dran), derzeit von Stadt zu Stadt schleppt.
Von Bahnhof zu Club, von Club zu Bahnhof, denn die beiden reisen mit dem
Zug.
Harte Arbeit, kein Glamour. Genau wie die Musik, die sie spielen. Ein Abend
mit freier Improvisation will schließlich täglich neu erfunden werden. Es
ist eine eigenartige Szene, eine kleine Welt – von außen betrachtet eine
inzestuöse Mischpoke, bei näherem Hinsehen vielfältig und durchaus auch mit
Tendenz zur Abgrenzung untereinander.
Die strenge Konzeption der Konzeptionslosigkeit macht es weder Musikern
noch Publikum leicht. Die Linearität der Methode verlangt von allen Seiten
gespannte Aufmerksamkeit: vom Publikum, weil es immer wieder neues Material
bekommt, von den Musizierenden, weil sie ständig auf ihre Kollegen
reagieren und Ideen entwickeln müssen.
Ivano Torre und Markus Eichenberger spielen schon seit Jahren zusammen, das
garantiert bei der Improvisation eine gewisse Sicherheit. Reichenberger
rang seinem Instrument alles ab: Multiphonie, Dynamik vom Hauch bis zum
spitzen Schrei, Klänge, die er gerne auch durch das Einatmen am Instrument
produziert.
Selbiger spielte phasenweise sogar einen durchgehenden Beat, agierte
melodisch, erkundete den Übergang vom Wirbel zum Ton, der ja gewissermaßen
nichts anderes ist als eine entsprechend frequente Folge von Beats.
Zum zweiten Set kamen dann die Bremer Nils Gerold (Flöte) und Reinhart
Hammerschmidt (Kontrabass) dazu und bewiesen, dass auch diese Kombination,
die am Dienstag erstmals zusammen spielte, in der Lage war, einen
spannungsreichen Set zu generieren. Dieser stieß bisweilen gar in jazzige
Bereiche vor und gestattete sich: einen spröden Swing.
Andreas Schnell
6 Jun 2002
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Andreas Schnell
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