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# taz.de -- Daumenkino: American Pie
Nicht alle 80er-Jahre-US-Teenie-Sex-Komödien waren schlecht. Ganz im
Gegenteil. Vielleicht wird man Filme wie Rob Reiners „Der Volltreffer“
dereinst als Höhepunkt amerikanischen Filmschaffens jener Zeit würdigen,
der er ja ist. Wir erinnern uns: Es ging immer ums Gleiche. Wie reißt Junge
(allein) Mädchen (möglichst viele) auf, stehen sie auf Football oder
Astrologie, werden einem die Körperfunktionen böse Streiche spielen und
kann man bei solchen Kindereien auch noch erwachsen werden? Man konnte, und
das Ergebnis waren stets verständnisvolle Partnerschaft und Treue auf
gleichberechtigter Basis im hehren Lichte amerikanischer Sexualaufklärung.
Aids konnte kommen, die Jugend war gewappnet und größeren Schweinigeleien
gottlob abhold.
„American Pie“ orientiert sich nun allerdings an den fiesen
Schlüsselllochfilmen „Porky’s“, „Porky's Rache“ etc. und ist die sp�…
Rache dafür, dass auf dem damals Erreichten nicht kontinuierlich aufgebaut
wurde. Inzwischen nämlich konnte ein Schmierenstück namens „Verrückt nach
Mary“ neue Maßstäbe des Erlaubten setzen, die alle erzieherischen Erfolge
zunichte machen.
So spuckt in „American Pie“ ein fesches Mädel den frischen Samen ihres
Freundes dessen Kumpel in die Limo! Als Material für Papas
Aufklärungsunterricht dienen Pornomagazine unterschiedlichster Qualität,
und Masturbation wird zum Kavaliersdelikt. Mutterns noch warmer Apfelkuchen
muss als ultimatives Substitut weiblicher Sinnesfreuden herhalten
(Ödipus!). Und so geht es noch viele vorzeitige Samenergüsse weiter, bis
die Highschool-Jungs Jim, Kevin, Finch, Oz und Stifler (diese Namen!) wie
geschworen ihre Unschuld verloren haben und sich endlich, frei weiterer
Verpflichtungen, gemeinsam den verdienten Milchshake reinhauen können. Da
von Frauen ansonsten nicht viel zu sehen ist, geht es letztlich um das
Abfeiern ewigen Junggesellentums in der Absolution einer keineswegs
alterstypischen Todesangst vor dem anderen Geschlecht.
Wer rettet die Jugend vor diesem Schund? In den USA hat das die Filmzensur
übernommen, die „American Pie“ ziemlich zielgruppenfeindlich mit einem
dicken „R“ ausgezeichnet hat. Was bedeutet, dass die Generation Pickel
einen Erwachsenen mit ins Kino schleppen muss. Philipp Bühler„American
Pie“. R: Paul Weitz. USA 1999, 95 Min.
6 Jan 2000
## AUTOREN
Philipp Bühler
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