# taz.de -- Alte Borussen machen Front in Wanne-Eickel | |
> Die Borussenfront ist wieder aktiv: Die Neonazis um „SS-Siggi“ Borchardt | |
> entdecken die fünfte Liga für sich | |
Die Besucher des Verbandsligaspiels Sportfreunde Oestrich gegen DSC | |
Wanne-Eickel am 17. April dieses Jahres hatten wahrscheinlichlich ein | |
mulmiges Gefühl. Ein gutes Dutzend martialisch gekleideter Zuschauer | |
entrollte ein riesiges Transparent mit der Aufschrift: „Borussenfront – | |
eine Legende lebt“. Der Auftritt wirkte wie ein Flashback in die finsteren | |
80er Jahre, als die gleichnamige rechtsradikale Hooligangruppe des | |
Bundesligisten Borussia Dortmund die bundesdeutschen Fußballstadien | |
terrorisierte. Der damalige Anführer der Borussenfront, Siegfried | |
„SS-Siggi“ Borchardt, gehörte an besagten Sonntag im April zu den | |
Ausflüglern in die fußballerische Fünftklassigkeit. | |
„Borchardt und Kameraden treiben hier seit Monaten ihr Unwesen“, sagt ein | |
regelmäßiger Besucher der Spiele des DSC Wanne-Eickel. Auch der für Herne | |
zuständige Bochumer Staatsschutz hat die Aktivitäten bereits registriert. | |
„Bislang ist Borchardt nicht negativ aufgefallen“, sagt Michael Bloch, | |
Sprecher der Bochumer Polizei. Man werde ihn aber weiter beobachten. Wie | |
auch der Verein selbst: „So lange sie sich friedlich verhalten und keine | |
ausländerfeindlichen Sprüche ablassen, können wir nichts unternehmen“, sagt | |
DSC-Geschäftsführer Peter Kurek. | |
Die alten Borussenfront-Kämpfer haben Einfluss. Ein Jahrzehnt nachdem sich | |
die alte Borussenfront aus den Stadien der Republik verabschiedet hatte, | |
sprechen Stadionbesucher von einer „neuen Borussenfront“. Bei den | |
Heimspielen von Borussia Dortmund würden verstärkt rechtsextreme | |
Jugendliche auftauchen. Von den alten Mitgliedern sind nicht mehr allzu | |
viele dabei. Die feierten am 31. März im hessischen Kirtorf „20 Jahre | |
Borussenfront“ – 600 Gäste grölten „SS, SA, Borussia“. Zuletzt wurden | |
einschlägig bekannte Mitglieder der alten Borussenfront September 2005 nach | |
einer Schlägerei und Übergriffen auf Ausländer vorübergehend festgenommen. | |
In Dortmund und in den anderen Stadien der Bundes- und Regionalligen haben | |
Borchardt und Gefolgschaft Stadionverbot. Für die unteren Klassen gilt dies | |
nicht. Und Wanne-Eickel liegt nicht nur geografisch nahe. Der „Deutsche | |
Sportclub“ spielt wie der BVB in Schwarz-Gelb und Borchardts Freundin hat | |
ihre Heimat ebenfalls im eingemeindeten Herner Stadtteil. Vielleicht hält | |
er sich deshalb bislang vornehm zurück. | |
Siegried Borchardt wurde in seiner langen Neonazi-Karriere mehr als 25 mal | |
verurteilt. Körperverletzung, Sachbeschädigung und Propagandadelikte stehen | |
in seiner langen Vorstrafenliste. 1995 musste er alsnordrhein-westfälischer | |
Landesvorsitzender zusehen, wie die neonazistische Freiheitliche Deutsche | |
Arbeiterpartei (FAP) verboten wurde. Seit Anfang 2000 ist Borchardt in der | |
„Kameradschaft Dortmund“. Der Zusammenschluss militanter Neonazis hat sich | |
zur Aufgabe gesetzt, Dortmund und Umland zur rechten Hochburg auszubauen. | |
Mit Aufmärschen, Rechtsrock-Konzerten, Szene-Läden und -Kneipen sollen die | |
Strukturen gefestigt und ausgebaut werden. | |
Am Pfingstmontag kann der DSC Wanne-Eickel übrigens mit einem Sieg über den | |
VfL Schwerte den sportlichen Aufstieg in die Oberliga Westfalen schaffen. | |
Da der Verein aber keine Lizenz für die vierte Liga beantragt hat, bleibt | |
SS-Siggi der Verbandsliga wohl erhalten. | |
HOLGER PAULER | |
3 Jun 2006 | |
## AUTOREN | |
HOLGER PAULER | |
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