# taz.de -- Allendes Sozialismus | |
Dreimal hatte Salvador Allende schon versucht, Präsident zu werden, bevor | |
ihm im September 1970 endlich ein knapper Wahlsieg beschert wurde. 1952, | |
1958 und 1964 war er jeweils Kandidat linker Parteienbündnisse. Er selbst | |
war Gründungsmitglied der Sozialisten. | |
Schließlich siegte er an der Spitze der Volksfront (Unidad Popular/UP). Die | |
UP war ein Bündnis aus Kommunisten, Sozialisten, der christlichen Linken | |
und den Sozialdemokraten. | |
Die USA versuchten, Allendes Amtsantritt zu verhindern. Sie befürchteten | |
die Verstaatlichung US-amerikanischer Unternehmen. Daher sollten | |
chilenische Militärs putschen, noch bevor Allende als Präsident bestätigt | |
war. Dabei stand ihnen jedoch der loyale Generalstabschef General René | |
Schneider im Weg. Zwei Entführungsversuche in Chile scheiterten, beim | |
dritten, Ende Oktober, erschossen die Entführer den General. Die von den | |
USA angestifteten verantwortlichen Militärs landeten vor einem | |
Militärtribunal. Am 4. November wurde Allende vereidigt. | |
Die Vision des neuen Präsidenten war die eines „demokratischen Weges zum | |
Sozialismus“. Er verstaatlichte Großunternehmen wie die Kupfer- und die | |
Salpeterindustrie. Eine umfassende Agrarreform war geplant. Auch der | |
Bankapparat wurde unter staatliche Kontrolle gebracht. Populäre Maßnahme: | |
Jedes Kind erhielt täglich einen halben Liter Milch. | |
Allende wollte drei verschiedene Besitzerkreise etablieren: einen sozialen, | |
einen gemischten und einen privaten. Im Parlament kam er damit aber nicht | |
durch. Die Opposition brachte einen abgeschwächten Entwurf ein, der später | |
verabschiedet wurde. | |
Bald hatte die UP-Regierung mit großen wirtschaftlichen und politischen | |
Problemen zu kämpfen. Da das Regierungsbündnis keine Mehrheit im Parlament | |
hatte, waren alle Reformen von der Zustimmung der Opposition abhängig. Das | |
führte auf die Dauer zur politischen Blockade. Ende 1971 fiel dann der | |
Kupferpreis und die Wirtschaft geriet ins Trudeln. | |
Die Regierung wurde von links und rechts angegriffen. Die Organisation der | |
Arbeiter in den Fabriken funktionierte nicht. Die Arbeiter waren enttäuscht | |
und linke Teile der UP begannen sich zu abzuspalten. Das Vorhaben Allendes, | |
eine breite gesellschaftliche Basis für seine Reformen zu schaffen, war | |
gescheitert. | |
Im Oktober 1972 spitzte sich die Lage zu: Streiks, die Beschlagnahmung | |
chilenischen Kupfers in Frankreich und fortgesetzte Terrorakte von | |
„Vaterland und Freiheit“ trieben das Land an den Rand des Bürgerkrieges. | |
Die Regierung rief den Notstand aus. | |
Im November konnte Allende das Schlimmste verhindern, indem er wichtige | |
Kabinettsposten durch Militärs und Gewerkschaftsvertreter besetzte. Bei den | |
Parlamentswahlen 1973 gewann die UP mit 43,4 Prozent der Stimmen. Doch die | |
Parteien erreichten keine Einigkeit mehr. | |
Am 11. September erhob sich schließlich das Militär unter der Leitung von | |
General Augusto Pinochet Ugarte, der bis dahin als loyal gegolten hatte. | |
Allende starb während der Bombardierung des Präsidentenpalastes La Moneda. | |
DINAH STRATENWERTH | |
6 Sep 2003 | |
## AUTOREN | |
DINAH STRATENWERTH | |
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