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# taz.de -- Agenten-Thriller "Dame, König, As, Spion": Dreifach verschlossene …
> Der Kalte Krieg vergletschert seine Protagonisten: Stickig und grau ist
> die Geheimdienstwelt in "Dame, König, As, Spion" von Tomas Alfredson mit
> Gary Oldman.
Bild: Ausgeswingt: Der stoische Agent George Smiley (Gary Oldman).
Ein Film, den man zu Beginn eher hört als sieht: Dumpf dringt etwas
Opernmusik aus der Konserve durch dick und dunkel lackiertes Holz. Ein
Schatten schiebt sich davor, klopft, John Hurt, grau und ausgedörrt, wie
nur John Hurt aussehen kann, kommt in einem hellen Türspalt zum Vorschein,
die Musik wird plötzlich klar. "Ist man dir gefolgt? Nein, dann komm rein."
Der Agentenfilm war immer schon auch ein Film über Räume und deren
Verhältnis zueinander: In der raumgreifenden Geste bei James Bond etwa
schnurrt der Globus mit seinen entlegensten exotischen Plätzen zur schnell
durchblätterbaren Postkartensammlung zusammen.
"Dame, König, As, Spion" von Tomas Alfredson indessen geht in eine andere
Richtung: Keine zentrifugale Eskalation liegt hier dem Geschehen logisch
zugrunde, sondern die Gravitas mehrfach verplombter Räume, die Entropie
eines sich ins unendliche verzettelnden Wusts an Akten, die sich auf
Schreibtischen und Regalen türmen. Selbst Szenen in Istanbul tasten den
Drehort nicht glamourökonomisch ab, sondern bleiben fahl und grau,
verraucht und diesig.
John Hurt, der schlicht als "Control" bezeichnete Chef des britischen
Geheimdienstes, von den Mitarbeitern "der Zirkus" genannt, hält seine
Sitzungen in einem von innen mit grell orange Schaumstoff schalldicht
isolierten Kubus ab.
## Maulwurf mit Zugriff
Der steht seinerseits in einer zum Büro umfunktionierten Fabrikhalle, die
ihrerseits wiederum von einem im Straßenbild unscheinbaren, alten Gebäude
im britischen Klinkersteinstil ummantelt ist. Wenn ein Agent zu Beginn auf
eine Mission nach Budapest geschickt wird, so findet das Geschehen hinter
Feindeslinien in einem versteckten Passagencafé statt. Dort läuft der Agent
in eine Falle, die eigentliche Handlung: Im britischen Geheimdienst sitzt
ein Maulwurf mit Zugriff auf die höchste Geheimhaltungsebene, den es
ausfindig zu machen gilt.
In diesem London von 1973 ist nichts mehr "swinging": George Smiley (Gary
Oldman), nach der Budapester Affäre gemeinsam mit "Control" zwangsweise in
den Ruhestand versetzt, gleicht als stoischer Agent, der von außen den
"Zirkus" nach dem nun mutmaßlich aufgestiegenen Maulwurf durchleuchtet,
eher noch Erich Honecker als dem Playboy-Klischee des Pulp-Roman-Spions.
## Unbeweglich das Gesicht
Welche Geheimnisse hinter seiner dicken Brille, den unbeweglichen
Gesichtszügen und seinen knarzenden Lederhandschuhen schlummern - zumindest
eine Passage lässt eine versteckte homosexuelle Identität erahnen -, bleibt
unsicher: Der Kalte Krieg vergletschert seine Protagonisten, drängt sie in
graubraune Existenzen, in stickig gedämpfte Wohnungen, die keinen
Lebensraum, sondern ihrerseits nur weitere Ummantelungen eines abgetöteten
Alltags darstellen.
John le Carrés gleichnamiger Roman aus den 70er Jahren beginnt mit
lakonischer Ironie: "The truth is", als wäre Wahrheit, zumal im
Agentenroman, immer schon eine Sache, nach der man nur zu greifen habe.
Doch in Wahrheit liegt die Sache anders: George Smileys Ermittlungen führen
tief ins Innere einer beschädigten Agentenseelenwelt. Dabei schlägt er
viele Haken, sucht stets Bündnisse, oft genug ohne Vertrauensvorschuss.
Im Einzelnen nachvollziehbar sind die Ermittlungsschritte nicht immer.
Während versiegelte Innenräume auf versiegelte Innenräume folgen, der Film
seine Textur hochauflösend zum Spektakel erhebt und Smiley samt Konsorten
darunter zum Verschwinden gebracht wird, hört man die Wendungen des Plots
selbst oft nur dumpf wattiert wie Opernmusik durch dickes Türenholz aus
einer verwahrlosten Agentenwohnung.
"Dame, König, As, Spion". Regie: Tomas Alfredson. Mit Gary Oldman, Colin
Firth u. a. Großbritannien 2011, Filmstart: 2.2. 2012
2 Feb 2012
## AUTOREN
Thomas Groh
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