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# taz.de -- 65 Jahre Befreiung KZ Auschwitz: Niedertracht gehört dazu
> Beim Auschwitz-Gedenken im Bundestag plädiert der Historiker Feliks Tych
> dafür, Verrat und Kollaboration bei der Betrachtung der Judenverfolgung
> stärker als bisher zu beleuchten.
Bild: Eingangstor zum Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II).
BERLIN taz | Zur diesjährigen Gedenkfeier im Bundestag anlässlich des 65.
Jahrestages der Befreiung des KZ Auschwitz waren zwei Redner geladen: der
israelische Staatspräsident Schimon Peres, der aus dem heute zu
Weißrussland gehörenden Teil Ostpolens stammt, und der polnisch-jüdische
Historiker Feliks Tych.
Beide sind dem Tod knapp entronnen, beider Familie wurden fast zur Gänze
von den Deutschen umgebracht. Peres entstammt einer tief gläubigen
rabbinischen Familie, Tych einem aufgeklärten Elternhaus. Beide stehen
exemplarisch für das vernichtete osteuropäische Judentum.
Peres warnte in seiner Rede davor, das Judentum nur im Zeichen der
rauchenden Krematorien zu sehen, und beschwor das große geistige und
künstlerische Potenzial, das nicht zuletzt Deutschland verlorengegangen
sei.
Er sieht den Staat Israel als Antwort auf die Hoffnungen und die Sehnsucht
der Ermordeten. Das schwierige Verhältnis Israels zu den Überlebenden des
Holocaust spielte in seiner Rede keine Rolle.
Der Kern des Antisemitismus liegt für Peres im Hass auf die humanen
geistigen Grundlagen des Judentums. Weshalb es die Aufgabe aller
demokratischen Staaten sei, gegen antihumane Potentaten wie Irans
Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad Stellung zu beziehen.
Das Verhältnis Israels zu Deutschland beschwor Peres mit hymnischen Worten.
Von Adenauer, "dem Vater der deutschen Demokratie", bis zu Angela Merkels
"aufrichtigen Worten" nichts als Sonnenschein.
Politisch setzte sich Peres nachdrücklich für eine Friedenslösung auf der
Basis zweier Staaten ein. In dem Optimismus, mit der er einen friedlichen
Nahen Osten beschwor, war politische Distanz zur gegenwärtigen israelischen
Regierung zu spüren.
Der Historiker Feliks Tych, der zweite Redner, war Spezialist für die
Geschichte der revolutionären Arbeiterbewegung und Rosa Luxemburg, ehe er
sich der Erforschung des Judentums zuwandte, auch als Direktor des
jüdischen historischen Instituts in Warschau.
Tych ließ keinen Zweifel an der Singularität der Naziverbrechen zu und
betonte, dass 40.000 Juden (wie er selbst) von Polen gerettet worden seien.
Dann aber entwickelte er ein bedrückendes Panorama von Niedertracht,
Bereicherung und Pogromen selbst in Nachkriegspolen.
Er plädierte dafür, dass eine europäische Geschichte des Holocaust nur dann
wahrhaftig sei, wenn diese Verrat und Kollaboration einschließe.
28 Jan 2010
## AUTOREN
Christian Semler
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