# taz.de -- „100 Jahre krumme Dinger“ | |
> ■ Chiquita-Firmenjubiläum: Proteste gegen Begründer zahlloser | |
> „Bananenrepubliken“ / Größter deutscher Im- und Exporteur von | |
> Chiquita-Bananen hat Sitz in Bremen | |
Die überdimensionierten menschlichen Bananen versuchten gar nicht erst, | |
durch die enge Drehtür mit dem schicken Chiquita-Emblem hindurchzukommen. | |
Sie warteten lieber vor dem unscheinbaren Bürogebäude hinter dem | |
Cine-maxx-Gebäude und hielten weiter ihre Transparente hoch: „Chiquita - | |
100 Jahre krumme Dinger“ ist da zu lesen. Für die Aktivisten der „Kampagne | |
für Bananen aus fairem Handel“ war der gestrige 100jährige Geburtstag der | |
Chiquita Brands kein Grund zum Feiern, sondern zum Protestieren. | |
In der Bürolobby am Breitenweg 29-33 übergaben derweil die Wortführer der | |
Bananenkampagne der Geschäftsleitung der „Atlanta Scipio“ ein | |
Protestschreiben gegen die Firmenpolitik. Die „Atlanta“ mit Sitz in Bremen | |
ist der größte deutsche Vertreiber von Chiquita-Bananen. Als offenes | |
Geheimnis gelte, daß Atlanta mehrheitlich von Chiquita kontrolliert werde, | |
so die Bananenkampagne. Bis 1998 hatte die Bremer Firma gar ein Monopol auf | |
die Einfuhr. | |
„Das Bananengeschäft ist das wirtschaftliche Rückgrat der Atlanta-Gruppe“, | |
heißt es in einer Firmen-Selbstdarstellung. Bei einem Umsatz von 2,5 | |
Milliarden Mark vermarktet Atlanta mehr als 400.000 Tonnen Gelbstengel im | |
Jahr. 25 Prozent der Bananen für den deutschen Markt werden über | |
Bremerhaven angeliefert. Atlanta zählt sich zu dem „vergleichsweise kleinen | |
Kreis der in Bremen beheimateten ,Global Players'“. | |
„Chiquita soll endlich Verantwortung für das Firmenverhalten übernehmen“, | |
hatte Bettina Burkert von der Bananenkampagne in einer Pressekonferenz kurz | |
vor dem Go-In gefordert. Die Aktivistin fordert den ökologischen Umbau der | |
Plantagen in Mittelamerika. Pestizide, Herbizide, Fungizide – die | |
Bananenarbeiter sind der ganzen Palette von Chemie-Keulen ausgesetzt. Oft | |
sind die verwendeten Mittel als extrem gesundheitsgefährdend eingestuft. | |
Der Wirbelsturm Mitch, der weite Teile der Plantagen in Mittelamerika | |
zerstörte, könne dabei als Chance zum ökologischen Neuanfang genutzt | |
werden, so Burkert. | |
Stattdessen würden gerade jetzt die Rechte der Beschäftigten beschnitten: | |
Die Firma schickte in Honduras nach der Naturkatastrophe 6.000 Arbeiter in | |
einen unfreiwilligen Zwangsurlaub. Die Kampagne geht davon aus, daß | |
Chiquita, einer der wichtigsten Arbeitgeber der Region, die Gunst der | |
Stunde nutzen will, um im großen Stil Mitarbeiter wegzurationalisieren. | |
Machtvolle Gewerkschaften stehen nicht hinter den Betroffenen – vielmehr | |
wird Chiquita vorgeworfen, Arbeitsrechte mit Füßen zu treten. Immer wieder | |
würde auch Militär bei Arbeitnehmerprotesten eingesetzt. | |
Weiterer Kritikpunkt der Bananen-Kampagner: Die Firma stelle sich ihrer | |
blutigen Vergangenheit nicht. Denn ebenso wie die anderen beiden Großen der | |
Branche, „Dole“ und „Delmonte“ wurde im Lauf der Jahrzehnte alles | |
unternommen, um die riesigen Besitztümer zu sichern. | |
Warum wendet sich die Kampagne dann nur gegen Chiquita? „Chiquita ist der | |
einzige Konzern, der in der Öffentlichkeit mit einem angeblich veränderten | |
Firmenprofil wirbt“, so Burkert. Für Atlanta-Verkaufsleiter George Jaksch | |
sind die Proteste auch „eine Möglichkeit, unsere Fortschritte in der | |
Öffentlichkeit darzustellen“. Tatsächlich hat sich Chiquita zu | |
Verbesserungen bereit erklärt. In den Augen der Bananenkampagner aber ist | |
die Öffentlichkeitsarbeit der Firma aus den USA eine „Irreführung der | |
Konsumenten“. Bis Ende Juni will die Kampagne Unterschriften gegen die | |
Praxis des Konzerns sammeln. Christoph Dowe | |
31 Mar 1999 | |
## AUTOREN | |
Christoph Dowe | |
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