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# taz.de -- Gericht: Hartz-IV-Strafen verfassungswidrig
> JOBCENTER Kürzungen gefährden das Existenzminimum, sagt das Sozialgericht
> Gotha. Grüne stimmen zu
BERLIN taz | Die Grünen begrüßen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha,
Sanktionen der Jobcenter gegen Hartz-IV-Empfänger für verfassungswidrig zu
erklären. Die Sanktionen müssten „ausgesetzt“ werden, bis das
Bundesverfassungsgericht über deren Rechtmäßigkeit entscheide, erklärte
Wolfgang Strengmann-Kuhn, sozialpolitischer Sprecher der grünen
Bundestagsfraktion.
Auch die Linkspartei und der Paritätische Wohlfahrtsverband lobten die
Entscheidung des Sozialgerichts. Die 15. Kammer des Sozialgerichts war am
Dienstag zu dem Schluss gekommen, dass die Sanktionsregelungen im
Sozialgesetzbuch II gegen das verfassungsmäßig garantierte Grundrecht auf
ein menschenwürdiges Existenzminimum verstoßen. Geklagt hatte ein
Hartz-IV-Empfänger, dem das Jobcenter Erfurt erst 30 Prozent des
Regelsatzes – also 117,30 Euro – kürzte, weil er ein Arbeitsangebot
abgelehnt hatte. Als der Mann dann auch noch die Erprobung eines
Beschäftigungsverhältnisses bei einem Arbeitgeber ablehnte, minderte das
Jobcenter den Regelsatz noch einmal um 30 Prozent, insgesamt also um 234,60
Euro im Monat. Dagegen reichte der Arbeitslose beim Sozialgericht eine
Anfechtungsklage ein. Das Sozialgericht legte nach seinem Beschluss das
Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.
Erfahrungsgemäß haben allerdings Vorlagen von Gerichten keine großen
Chancen auf Erfolg in Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat nach
eigenen Angaben aktuell einige Verfahren zu entscheiden, in denen es um
Leistungskürzungen geht.
Nach den geltenden Gesetzen kann das Jobcenter die Leistungen um 10 Prozent
kürzen, wenn etwa ein Termin beim Jobcenter versäumt wurde. Bei Ablehnung
eines Arbeitsangebots wird um 30 Prozent gekürzt, bei erneuter Ablehnung
innerhalb eines Jahres kommen jeweils wieder 30 Prozent Minderung hinzu,
erklärte eine Sprecherin der Bundesarbeitsagentur. Bei Hartz-IV-Empfängern,
die jünger sind als 25 Jahre, genügt schon ein zweimaliger Regelvorstoß,
und die gesamte Leistung kann wegfallen. Besonders diese Praxis für junge
Empfänger soll geändert werden, ein Gesetzentwurf dazu steht noch aus. Im
Jahr 2014 wurden nur in 118.600 Fällen Sanktionen wegen Verweigerung einer
Arbeit oder Maßnahme verhängt, die Zahl ist rückläufig.
BARBARA DRIBBUSCH
30 May 2015
## AUTOREN
BARBARA DRIBBUSCH
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