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# taz.de -- Deutscher Nachwuchs bei Vierschanzentournee: Ein begabtes Duo
> Mit Richard Freitag und Severin Freund schicken die Deutschen zwei große
> Talente zum Skisprungevent des Jahres. Beide verkörpern einen
> Generationswechsel innerhalb des Teams.
Bild: Einer von zwei deutschen Hoffnungsträgern bei der Vierschanzentournee: S…
OBERSTDORF taz | Sven Hannawald ist ein gefragter Mann in diesen Tagen vor
der Vierschanzentournee. Er lädt in Oberstdorf zu einer Pressekonferenz,
meldet sich in einem Blog zu Wort und ist Experte bei einem
Bezahlsportsender. Vor zehn Jahren hat er als bislang einziger Skispringer
alle vier Einzelwettbewerbe der Tournee gewonnen, er darf häufig darüber
sprechen, wie toll das damals war.
Hannawald versucht sich heute längst als Rennfahrer. Glanz verbreitet er in
der Skisprungbranche natürlich noch wegen der Einzigartigkeit seines
Erfolgs - aber auch, weil das deutsche Team seit Hannawald keine
Ausnahmekönner mehr aufzuweisen hatte. Da waren solide Kempen wie Michael
Uhrmann. Aber ein Kandidat für Seriensiege?
Das könnte jetzt anders werden. Richard Freitag, 20, hat am dritten
Adventswochenende seinen ersten Weltcupsieg in Harrachov gefeiert. Freitag
ist jung und begabt. Er spricht druckreife Sätze und erweckt nicht den
Eindruck, als würde er seine frisch erworbenen Preisgelder gleich auf den
Kopf hauen oder Interesse an einer Fotostrecke in der Bunten haben.
Ein in diesem Sinne braver Sportler wie der Kombinationsweltmeister Eric
Frenzel. Oder der junge Martin Schmitt in den 1990er Jahren. Ein
"aufgeweckter junger Bursche" ist er, wie sein Trainer Werner Schuster
sagt. "Er hat sich solide nach oben gearbeitet." Freitags Weg führte
langsam, aber beständig in den Elitekreis. Bei der WM im vergangenen Winter
in Oslo durfte er sich erstmals ausführlich in der Weltspitze umsehen.
## Respekt vor Innsbruck
Und nun reist er mit dem ersten Weltcupsieg im Gepäck zur
Vierschanzentournee. "Es ist einfach ein unglaublich tolles Gefühl, in den
vollen Arenen vor einem begeisterten Publikum zu springen, das einen
anfeuert", sagt er. Die Oberstdorfer Schanze, wo am Freitag der erste
Wettbewerb ausgetragen wird, kennt er gut vom Training. Respekt hat er vor
Innsbruck, der Anlage, zu der es nach dem Garmisch-Partenkirchener
Neujahrsspringen geht.
"Selbst kleinste Fehler haben auf der Bergisel-Schanze große Wirkung. Dort
wird es entscheidend sein, seine sieben Sachen beieinanderzuhaben." Richard
Freitag durchdenkt seinen Sport. Gleiches gilt für Severin Freund, 23. Der
stille Springer aus dem Bayerwald hat im vergangenen Winter zwei
Weltcupsiege gefeiert.
An jenem Wochenende bei Freitags Sieg ist er Dritter geworden, was
Cheftrainer Schuster ebenso bemerkenswert findet - vor allem, da sich die
beiden "sehr gut verstehen. Sie können sich gegenseitig stützen, zwischen
ihnen besteht ein unsichtbares Band, sie können so den Druck besser
verteilen".
Freund und Freitag gemeinsam bei der Siegerehrung - dieses Bild erinnerte
an damals, als Hannawald und Martin Schmitt das Schanzengeschehen
beherrschten. Wie 1999 bei der WM in Bischofshofen: Schmitt wurde
Weltmeister, Hannawald gewann die Silbermedaille. Glänzende Zeiten waren
das für das deutsche Skispringen.
## Generationswechsel lange herbeigesehnt
Sie hielten an bis ins Jahr 2002, als Deutschland Olympia-Gold holte und
Hannawald noch einmal im Dezember beim Oberstdorfer Tourneespringen siegte.
Werner Schuster wehrt sich dagegen, sein begabtes Duo Freund & Freitag mit
Schmitt und Hannawald zu vergleichen: "Das sind Springer einer anderen
Generation."
Dieser Generationswechsel war lange im deutschen Skispringen herbeigesehnt
worden. Die brillanten Sprünge des Duos Hannawald & Schmitt waren einst
nicht von einer zukunftsweisenden Nachwuchsarbeit flankiert. Doch dann
wurde Hannawald krank und beendete seine Karriere. Schmitt versank im
Formtief, gegen das er heute noch ankämpft.
Deutschlands Skispringer mühten sich im Weltcup und labten sich an kleinen
Erfolgserlebnissen, Nachwuchskonzepte galten als veraltet und strukturlos.
Dann kam Werner Schuster aus Österreich. Die Austria-Schule gilt derzeit
als Maß aller Dinge im Schanzensport. Schuster kommt nicht aus dem
heimischen Skiverband, was ihn unempfänglich für regionale Grabenkämpfe
macht. So chancenreich wie lange nicht mehr führt er das Team nun in die
Vierschanzentournee. Und womöglich spricht am Ende niemand mehr über
Hannawald.
28 Dec 2011
## AUTOREN
Kathrin Zeilmann
## TAGS
Skispringen
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