| # taz.de -- Kolumne Abschied nehmen: Der radikale KPK | |
| > Sein Anliegen war die Freiheit. Und er hat's gewagt. | |
| Gerecht war er nicht. Nicht an diesem Platz. Wenn Klaus-Peter Kolumnen | |
| schrieb, dann schaute er oft von weit oben auf Menschen und deren Macken | |
| wie Religion und FDP. Aus solcher Höhe fällt ein scharfer Blick, der | |
| Betrachter sieht genau, wo jemand steht. Es fallen harte Worte, wie Blitze | |
| gehen sie nieder, und wie das Wüten eines Zeus, so gewitterte häufig diese | |
| Kolumne. | |
| Das wurde Klaus-Peter vorgeworfen, auch hier im Haus; denn was ein | |
| Beobachter von so hoch oben nicht sieht, sind die Gesichter der Menschen, | |
| wenn sie getroffen werden. Islamfeindlich seien seine Texte gewesen, | |
| ossifeindlich, feindlich jedenfalls, sagten die Kritiker. Er sei das, was | |
| sich die taz an Thilo Sarrazin gerade noch erlauben könne. | |
| Als Ostdeutscher kann ich sagen, dass mich seine Texte schmerzten. Vor | |
| allem wenn er recht hatte. Viele meiner Landsleute verstecken sich hinter | |
| der Floskel, Rechtsextremismus sei ein gesamtdeutsches Problem. Ändert | |
| leider nichts daran, dass es im Osten ein überproportional großes Problem | |
| ist. | |
| Als Christ meine ich sagen zu können, dass er allen Religionen ob ihres | |
| totalitären Potenzials zu gleichen Teilen misstraute. Darauf angesprochen | |
| zu werden, mag wehtun, aber der muss schon blind sein, der das nicht | |
| erkennen will. Wer allen gerecht werden möchte, verliert sich - und darauf | |
| hat sich Klaus-Peter nicht eingelassen. | |
| Sein Anliegen war - so platt und schön es klingt - die Freiheit. Freiheit | |
| hat er nie als etwas Selbstverständliches begriffen, sondern als etwas, das | |
| sich Menschen in Europa vor gar nicht so langer Zeit blutig erkämpfen | |
| mussten. So etwas konnte wieder verloren gehen. | |
| Deshalb seine Begeisterung für die Geschichten der Französischen | |
| Revolution, des deutschen Vormärz und sein tiefes Bedauern, dass Letzterer | |
| so kläglich endete. "Die Revolution von 1848/49 - ein deutsches Drama!", | |
| schrieb Klaus-Peter in seinem Buch über den Aufständischen Friedrich | |
| Hecker, es ist ein Aufschrei nach einer "verkorksten Revolution", die ihm | |
| immer eine große verpasste Chance war. | |
| Und dieses Thema, vielen abstrakt und fern, das berührte er ganz nah, ganz | |
| zärtlich. So sah er auch die Befreiung Deutschlands durch die US-Amerikaner | |
| tatsächlich als Befreiung, eine von mir selten erlebte Haltung bei | |
| westdeutschen Linken. | |
| Für Klaus-Peter vollendeten die G.I.s und später Frank Zappa und Jim | |
| Morrison, was die Deutschen zuvor versemmelt hatten. Und zwar so, dass es | |
| Spaß machte. Freiheit war für Klaus-Peter unbedingt mit Lebensfreude | |
| verbunden … aber die Kolumne geht zu Ende … Klaus-Peter, ja, vielleicht ist | |
| sie wirklich zu kurz. | |
| Der Vergleich mit einem dünkelhaften unglücklichen kleinen Mann wie | |
| Sarrazin jedenfalls, er trifft nicht. Was wird diese Kolumne ersetzen? | |
| Nichts. Es wird etwas anderes an ihre Stelle treten, in zwei Wochen schon, | |
| wir reden noch darüber. Hier soll der letzte Satz Klaus-Peter gehören, es | |
| ist der letzte seines Buches: "Erinnern wir uns an den Hecker, als den | |
| ,radikalen Hund - ,ich habs gewagt!'" | |
| Klaus-Peter Klingelschmitt, Inlandskorrespondent der taz, schrieb an dieser | |
| Stelle drei Jahre die Kolumne "Älter werden". Er ist vor zwei Wochen | |
| gestorben. | |
| 12 Dec 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Schulz | |
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