| # taz.de -- Bye, bye, Business Center | |
| > Am Checkpoint Charlie wird aus dem geplanten American Business eine | |
| > „Drehorgelgasse“. So nennt sich die Mauerkirmes, die im März eröffnet. | |
| > Der Bezirk Mitte freut sich über Toiletten für Touristen | |
| von UWE RADA | |
| Gerade eben haben sie sich über den Niedergang der deutschen | |
| Friedenswirtschaft lustig gemacht, die amerikanischen Zeitungen, und nun | |
| dieses: Wo einst am Checkpoint Charlie ein „American Bussiness Center“ | |
| entstehen sollte, wird dieser Tage eine Kirmes mit Zelt und Bretterbuden | |
| gebaut. Von März an soll hier an die Zeit der Mauer und die amerikanische | |
| Freundschaft mit Deutschland erinnert werden. Der Name des ganzen Events: | |
| „Drehorgelgasse“. | |
| Man weiß nicht so recht, ob das nun ein neuer Fall der Osteuropäisierung | |
| Berlins ist oder ein verzweifelter Versuch der Grundstückseigentümer, noch | |
| ein bisschen auf ihre Kosten zu kommen. Fakt ist aber, dass am Checkpoint | |
| Charlie bis Mitte der Neunzigerjahre eines der Prestigeobjekte der USA in | |
| Berlin entstehen sollte. So kündigte eine eigens gegründete Central | |
| European Development Corporation (CEDC) 1993 an, auf den fünf Blöcken am | |
| Checkpoint Charlie ein American Business Center bauen zu wollen. | |
| Wo sich im Oktober 1961, zwei Monate nach dem Bau der Mauer, sowjetische | |
| und amerikanische Panzer gegenübergestanden haben, sollte nun die | |
| US-Wirtschaft Präsenz demonstrieren. Als Hauptinvestoren für das 850 | |
| Millionen Mark teure Vorhaben konnte die CEDC Ronald Lauder gewinnen, einst | |
| US-amerikanischer Botschafter in Österreich und nunmehr milliardenschwerer | |
| Erbe des Kosmetikmultis Estée Lauder. Und noch ein ehemaliger | |
| US-Botschafter war mit von der Partie: Mark Palmer, einst amerikanischer | |
| Vertreter in Ungarn. | |
| Doch es waren nicht Ronald Lauder und Mark Palmer, die sich gestern das | |
| Gelände angeschaut haben, sondern Michael Beetz, der Geschäftsführer der | |
| Firma Forum Berolinum. Auch Beetz ist so was wie ein Marktführer, nur ein | |
| Global Player ist er nicht. Forum Berolinum baut Marktstände auf den | |
| Wochenmärkten in Weißensee und Prenzlauer Berg auf und ist auch für den Bau | |
| der Bretterfassaden und des Veranstaltungszelts in der Drehorgelgasse | |
| verantwortlich. „Auf beiden Seiten wird hier ein Markt entstehen“, sagt er. | |
| Die Genehmigung gab es von den Grundstückseigentümern. | |
| Und die scheinen es nötig zu haben. Vom einstigen American Business Center | |
| blieb nur ein Torso. Drei Blöcke wurden gebaut, darunter auch das | |
| Philip-Johnson-Haus, doch die beiden direkt an der Ecke Friedrichstraße und | |
| Zimmerstraße gelegenen Blöcke blieben unbebaut. Der Grund: 1997 stieg | |
| Lauder aus der CEDC aus, ein Jahr später wurde auch offiziell bekannt | |
| gegeben, dass die beiden Blöcke nicht bebaut werden. Seitdem steht ein | |
| großer Bretterzaun vor dem Symbol der geplatzten US-Träume. | |
| Einen städtebaulichen Schandfleck nennt deshalb Mittes Baustadträtin | |
| Dorothee Dubrau (Grüne) das Gelände. Zwar hätte sie sich etwas anderes | |
| gewünscht als eine „Drehorgelgasse“, doch gegen eine Zwischennutzung eines | |
| privaten Eigentümers habe sie nichts machen können. Außerdem, so Dubrau, | |
| solle es auf dem Gelände nicht nur Bratwurst geben, sondern auch | |
| Ausstellungen rund um das Thema Mauer. „Alles wird ganz kulturvoll“, sagt | |
| Dubrau, „zumindest haben das die Veranstalter versprochen.“ Und noch etwas | |
| Positives kann Dubrau dem Vorhaben abgewinnen: „Mit der Kirmes dort ist | |
| jetzt auch die Toilettenversorgung gesichert, die öffentliche Hand hatte | |
| dafür nämlich kein Geld.“ | |
| So treffen sie sich also doch noch, die Amerikaner und die Deutschen – | |
| zumindest im Niedergang. | |
| 14 Feb 2003 | |
| ## AUTOREN | |
| UWE RADA | |
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