# taz.de -- die wahrheit: Der Deutschmann | |
> Jeden Morgen, den die liebe Sonne über Deutschland wachsen lässt, tut er | |
> seinem Schöpfer danken, dass er keine Kröte ward, die ohne patriotische | |
> Gedanken... | |
Bild: Dass er das Innenministerium geschenkt bekam, war gleichwohl purer, unver… | |
...im Kote nur sich wälzt und scharrt. Und tut frohlocken, dass er kein | |
Ochse ist an seiner Krippe, dem keine deutschen Worte fließen von der | |
Lippe, ja dass er nicht zum Tiger gar verfluchet, der raubt und mordet | |
grausen Sinns, im Ausland sich die Gattin suchet, dass es ihn schauderte zu | |
sagen: Ich bins, Hans-Peter Friedrich! | |
Nein, er kann mit stolzgesprenkelter Stimme künden, dass er ein Deutscher | |
ist vom gestirnten Schädel über den Hintern bis zur Sohle. Meterhoch steht | |
ihm die Gänsehaut, wenn bei einem festlich aufgebrezelten Ereignis das | |
Deutschlandlied durch die Luft knattert. Als das Jahr 1989 auf Touren kam | |
und sein damaliges Töchterlein anderthalb Jahre auf die Waage brachte, | |
schob er ihm keine Gute-Nacht-Lieder mehr ins Ohr, sondern bromm ihm die | |
deutsche Nationalhymne vor. Bald konnte es ganze Töne auswendig leiern. | |
Hans-Peter Friedrich kann natürlich auch die Fahne auswendig. Als 2006 | |
Deutschlands Begeisterung über die in Deutschland statthabende | |
Fußballweltmeisterschaft durch ganz Deutschland schwappte, tapezierte er | |
sein Revers mit einem Deutschlandfähnchen und ließ in solcher | |
Dienstkleidung im Deutschen Bundestag eine Rede vom Stapel laufen. | |
So schwarzrotgold leuchtete das schwarzrotgoldene Schwarzrotgold in die | |
fetten Kameras, dass die Deutschen vor den Fernsehern es noch im hintersten | |
Fernseher schwarzrotgold baumeln sahen! | |
## "Immer die Nationalhymne mitsummen" | |
Seine Idee, den Leuten draußen fortan Schwarz-Rot-Gold als Parteifarbe der | |
Union aufzubinden, blieb zwar im Sand stecken. Doch seither verteilt er die | |
schwarzrotgold gestrickten Nadeln als deutschen Privatorden an ebenso | |
tickende Patrioten, die diese Vokabel gern auf sich sitzen lassen anstelle | |
einer ähnlich klingenden. "Immer, wenn man ihn anlegt, sollte man die | |
Nationalhymne summen", gibt der Patriot Hans-Peter Friedrich mit | |
stolzgeschwellter Birne das entsprechende Lebensziel an. | |
Um zu wissen, was Vaterlandsliebe bedeutet, hat er es nicht nötig, in der | |
mit Blut, Schweiß und Tränen behangenen Vergangenheit zu kramen. Immerhin | |
ist er der erste CSU-Innenminister seit 1945, der nicht zuvor in der NSDAP | |
lebte! Nein, Hans-Peter Friedrich hat eine makellos schwarze Weste, seit er | |
1973, mit sechzehn, in die Junge Union einrückte und mit siebzehn in die | |
CSU marschierte, um die Linken in Deutschland auszuräuchern. | |
Seit damals ist der konservative Christ mit allen Schikanen unterwegs, um | |
den Marxismus und Multikulturalismus zu zermalmen, der dem Islam Europa auf | |
dem Teller serviert: Gleich zum Amtsantritt hielt er bombenfest, dass die | |
arabischen Zahlen "zu Deutschland gehören, ist eine Tatsache, die sich aus | |
der Historie nirgends belegen lässt", und rechnet daher lieber mit den | |
Fingern. | |
Dass er das Innenministerium geschenkt bekam, war gleichwohl purer, | |
unverdünnter Zufall. Weder als Referent von Michael Glos, der ihn von 1993 | |
bis 1998 an der Leine führte, noch als Bundestagsabgeordneter, der seit | |
1998 die Hinterbank besiedelte, noch zuletzt als Landesgruppenchef der CSU | |
hatte ihn irgendwas auf Politik vorbereitet. Er wollte nicht in eine | |
Regierung hineintreten, die von einem Fettnäpfchen zum nächsten lebt, und | |
wäre wohl zufrieden gewesen, hätte ihn, wie in seinem Milieu üblich, | |
irgendwann eine Firma in Dienst gestellt und mit leichten Aufgaben | |
durchgefüttert. | |
## Minister durch unverdünnten Zufall | |
Zu diesem Behufe hatte er doch einst Jura und Wirtschaft mit dem armen Kopf | |
gepaukt! Und sich extra einen kleidsamen Doktortitel zugeführt mit einer | |
Arbeit über "Die Testamentsvollstreckung an Kommanditanteilen zum Zweck des | |
Doktorerwerbs"! | |
Aber Horst Seehofer beschloss, ausgerechnet ihn der Kanzlerin vor die Nase | |
zu legen. Fast wären Widerworte in ihm aufgestiegen, aber als Deutscher ist | |
Hans-Peter Friedrich in Deutschland perfekt an seine Umwelt angepasst. | |
Geboren 1957 dort, wo Deutschland Naila heißt, in einer Kleinstadt nahe Hof | |
in Oberfranken, hatte er früh gelernt, Männchen zu machen. Das erwartet er | |
nun auch von seinen 80 Millionen Untergebenen. | |
Als Innenminister hat er mit vollen Händen dafür zu sorgen, dass der Staat | |
vor seinen Bürgern sicher ist. Wer vom Schädel über den Hintern bis zur | |
Socke deutsch denkt, lebt auf der sicheren Seite. Genau wie Hans-Peter | |
Friedrichs Mitbewohner! | |
Wenn nach einem Arbeitstag voller Ecken und Kanten, weil Medien, | |
Bundesverfassungsgericht und die Bevölkerung nicht so willen wollen, wie | |
sie müssen sollen, wenn also Hans-Peter Friedrich abends mit müden Nerven | |
in seine Berliner Dienstwohnung rollt, hat er immer noch einen Batzen Zeit | |
übrig, bevor er sich die Zipfelmütze über Haare, Hintern und Hufe stülpt, | |
und brommt seinen Topfpflanzen anstelle eines Gute-Nacht-Liedes die | |
deutsche Nationalhymne vor. Inzwischen können sie schon ganze Töne | |
auswendig leiern. | |
29 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Peter Köhler | |
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