# taz.de -- „Wir dürfen nicht kostenlos betreuen“ | |
> Reinhard Naumann (SPD), Jugendstadtrat in Charlottenburg-Wilmersdorf, | |
> sagt: Die Zahl der Eltern, die ihren Kindergartenplatz nicht bezahlen | |
> können oder wollen, nimmt zu. Der Bezirk muss dann kündigen, ob er will | |
> oder nicht | |
taz: Mit wie vielen Eltern, die die Kindergartengebühren schulden, | |
beschäftigt sich Ihre Behörde gerade? | |
Reinhard Naumann: In Charlottenburg-Wilmersdorf gibt es rund 5.700 Plätze | |
in städtischer Trägerschaft. Im letzten Jahr haben wir leider 80 Kinder | |
wegen nicht gezahlter Gebühren von der Betreuung ausgeschlossen. In rund | |
570 Fällen haben wir dies nur angedroht. Zurzeit haben wir Außenstände von | |
145.353 Euro. | |
Woran liegt es, dass Eltern für die Betreuung ihres Nachwuchses nicht | |
bezahlen? | |
Manchmal vergessen sie einfach zu überweisen. Aber dass Eltern Gebühren | |
nicht zahlen können, ist ein Problem, das in den letzten Jahren zugenommen | |
hat. Wir haben immer mehr Menschen, die arbeitslos sind, von Sozialhilfe | |
leben oder allein erziehen. | |
Sind die Berliner Kindertagesstätten zu teuer? | |
Ja und nein. Ich denke, dass es gute Gründe gibt, die Gebühren für | |
Betreuungsplätze stärker zu differenzieren. Besonders für Vielverdiener | |
sollten die Preise angezogen werden. Man darf das Kind aber nicht mit dem | |
Bade ausschütten. Familienpolitik ist schließlich ein Standortfaktor. Eine | |
gute und kostengünstige Tagesbetreuung für Kinder möchte ich nicht aus rein | |
finanziellen Gründen als Überausstattung abgewertet sehen. | |
Wann fliegt in Charlottenburg-Wilmersdorf ein Kind aus dem Kindergarten? | |
Wenn deutlich wird, dass Eltern nicht zahlen, werden sie angeschrieben. | |
Stellt sich heraus, dass es sich nur um einen akuten finanziellen Engpass | |
handelt, ermöglichen wir Ratenzahlung. Manche Eltern aber verweigern sich | |
auch einfach und halten abgesprochene Zahlungsfristen nicht ein. Dann | |
müssen wir den Vertrag kündigen. Schließlich dürfen wir Kindergartenplätze | |
nicht kostenlos anbieten. | |
Gibt es in diesem Verfahren feste Fristen? | |
Nein, wir arbeiten nicht nach einem festen Zeitplan. Das regeln wir jeweils | |
individuell. Der Fachbereich treibt ausbleibende Zahlungen auch nicht | |
anonym wie ein Inkassounternehmen ein. Jeder Fall wird einzeln geprüft. | |
Das kostet doch sicher auch einiges. | |
Ja. Aber es dieses Geld ist sinnvoll investiert. Es ist ja so: Je mehr | |
Kürzungsvorgaben wir bekommen, desto mehr müssen wir zusehen, das uns | |
zustehende Geld einzutreiben. Im letzten Jahr ist es uns gelungen, in 90 | |
Prozent der Fälle eine Kündigung abzuwenden. | |
INTERVIEW: MATTHIAS BRAUN | |
15 Mar 2003 | |
## AUTOREN | |
MATTHIAS BRAUN | |
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