# taz.de -- Flächenexperiment | |
> Senat beschließt, Lehrerarbeitszeitmodell zum 1. August einzuführen. | |
> Schulleiter werfen Senator Stilbruch vor und fordern Aufschub bis 2004 | |
von KAIJA KUTTER | |
Bosheiten begeht man möglichst zu Beginn einer Legislaturperiode, damit sie | |
bei der nächsten Wahl vergessen sind. Nach diesem Prinzip peitscht der | |
Hamburger Senat gegenwärtig das neue Arbeitszeitmodell für Lehrer durch, | |
gegen das am Montag 8000 Lehrer auf die Straße gingen und welches laut | |
Ex-Schulsenatorin Rosemarie Raab (SPD) die höchste Arbeitszeiterhöhung ist, | |
die es je in der Bundesrepublik gab. | |
Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) präsentierte sich dagegen gestern im | |
Rathaus bei der Vorstellung des Senatsbeschlusses als Wohltäter. Sein | |
Modell werde „Vorurteilen“ über eine geringe zeitliche Auslastung der | |
Lehrer entgegenwirken und für „mehr Ansehen“ des Berufsstandes sorgen. Das | |
Personalamt werde in den kommenden Wochen mit Beamtenbund und | |
Gewerkschaften über das Modell Gespräche führen. Sollten die | |
Spitzenverbände nicht zustimmen, werde es per Verordung erlassen. | |
Langes Modell senkt den Bedarf an Teilungs- und Förderstunden für schwache | |
Schüler ab. Er bezeichnete die alten Bedarfsgrundlagen als „Wunschkatalog“, | |
der nie erreicht worden sei. Feste Komponenten seines Modells seien die in | |
Jesteburg vor einem Jahr beschlossenen 13.600 Lehrerstellen und die für | |
alle Beamten verfügte 40-Stunden-Woche. Lehrer sollen, um die | |
Schulferienzeit bereinigt, 46 Stunden wöchentlich arbeiten, der Aufwand je | |
Fach und Funktion wird faktorisiert. | |
Der „Verband der Hamburger Schulleiter“ kritisiert, dass es vor der | |
Einführung des Modells keine Diskussionen mit den Beteiligten gab, wie es | |
„es bisher guter Hamburger Stil“ gewesen sei. Außerdem fordern die | |
Schulleiter dringend eine Verschiebung auf das Jahr 2004, weil das Modell | |
noch mit erheblichen Mängeln belastet sei. „Die Behörde muss bis Mitte Mai | |
ihre Personalplanung klar kriegen“, sagt der Vorsitzende Werner Stolpe. | |
Andernfalls könnte die Stundenverteilung – die an jeder Schule 6 bis 7 | |
Wochen dauere – nicht mehr bis zu dem Sommerferien erfolgen. Stolpe: „Die | |
Lehrer müssen wissen, was sie unterrichten, damit sie sich in den Ferien | |
vorbereiten können.“ | |
Ähnlich wie der Schulleiterverband hatte auch die | |
Lehrerarbeitszeitkommission in ihrem Bericht vor Hast gewarnt: „Alle | |
Experten halten eine Teilerprobung für erforderlich, weil eine | |
flächendeckende Umsetzung nur schwer lösbare Probleme erzeugt.“ Dazu | |
gestern Lange: „Das Ganze ist insgesamt ein großflächiges Pilotprojekt.“ | |
Nur einen Stadtteil oder eine Schulform herauszugreifen, wäre „ungerecht“ | |
gewesen. Der FDP-Mann betonte, er wolle insbesondere die Grundschulen | |
fördern. Dass der dortige Unterricht aber so niedrig bewertet wird, dass | |
Lehrer bis zu 33 Stunden pro Woche an der Tafel stehen müssen, sei dabei | |
„kein Widerspruch“. | |
Doch auch andere Schulformen und Schüler trifft das Modell hart. Die | |
Lehrerverbände stellen auf ihren Homepages Testmodelle bereit. Karsten | |
Frehe, Lehrer für Kunst und Erdkunde am Niendorfer Ohemoor-Gymnasium, hat | |
errechnet, dass er künftig 30 statt bisher 24 Stunden unterrichten muss. | |
Gegenwärtig betreut er eine 7. Klasse. Sollte sich dies nach den Ferien | |
ändern, müsste er gar 32 Stunden geben und somit statt bisher 218 künftig | |
330 Schüler betreuen. | |
2 Apr 2003 | |
## AUTOREN | |
KAIJA KUTTER | |
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