# taz.de -- Bei Frieden steht Südsudan am Nullpunkt | |
> Vor der Wiederaufnahme der Sudan-Friedensgespräche: Augenschein in einem | |
> Flüchtlingslager in Kenia | |
KAKUMA taz ■ Das Wort „Frieden“ fällt oft unter einem der wenigen Bäume… | |
Kakuma. „Ich kann es kaum erwarten“, sagt Paul Monykuer Dut, Lehrer in | |
diesem Flüchtlingslager für Südsudanesen im Nordwesten von Kenia. „Ich hab | |
das Leben im Lager satt und will keinen Tag länger bleiben als nötig.“ | |
Seit 1992 lebt der 56-Jährige in dem Lager. In seinem ursprünglichen | |
Wohnort im Südsudan, das weiß er, existiert keine Schule mehr. „Trotzdem | |
will ich schnell dahin zurück“, meint er. „Wir werden die Kinder unter | |
einem Baum unterrichten, bis die internationale Gemeinschaft uns hilft.“ | |
Wenigstens einer, der in dem Lager mit 90.000 Insassen, davon 60.000 | |
Südsudanesen, optimistisch ist über die Aussichten auf einen schnellen | |
Friedensvertrag zwischen Sudans Regierung und den südsudanesischen | |
SPLA-Rebellen (Sudanesische Volksbefreiungsarmee). Anderthalb Jahre reden | |
die beiden Seiten schon miteinander, mehrere Teilabkommen sind bereits | |
unterzeichnet. Nächsten Dienstag sollen die Gespräche nach einer | |
mehrwöchigen Unterbrechung wieder aufgenommen werden. | |
Wajir Wanba Wanjaok ist weniger optimistisch. Die Mutter von vier Kindern | |
sitzt im Warteraum einer Klinik in Kakuma. „Ich gehe erst zurück nach | |
Hause, wenn ich weiß, dass es dort sicher ist und es ein Krankenhaus, eine | |
Schule und gute Wasserversorgung gibt“, meint sie. „Eine übereilte Rückke… | |
würde meine Kinder in Gefahr bringen.“ | |
Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR erwartet, dass im ersten Jahr nach dem | |
Friedensvertrag 100.000 Südsudanesen heimkehren werden – von rund 600.000, | |
die als Flüchtlinge in Nachbarländern leben. Der Südsudan soll nach dem | |
Friedensvertrag autonom werden, unter einer Regierung der SPLA. Emmanuel | |
Nyuabera, UNHCR-Sprecher in Kenia, sagt: „Wir sind fertig für die | |
Rücksiedlung. Von Kakuma zur Grenze ist es kein Problem, weil es eine gute | |
Straße gibt. Aber in Südsudan wird es ein logistischer Albtraum. Es gibt | |
kaum Infrastruktur.“ | |
Der Krieg hat die meisten Straßen und Brücken im Südsudan vernichtet. Auch | |
Schulen gibt es kaum noch. „Sudanesen legen großen Wert auf Unterricht“, | |
erklärt Nyabera. „Wenn es keine Schulen gibt, werden sie ihre Rückkehr | |
verschieben.“ Die UNO hat international um 600 Millionen Dollar | |
Wiederaufbauhilfe für Südsudan gebeten. | |
Gideon Kenyi ist Übersetzer des UNHCR in Kakuma. Der 39-jährige Mann, | |
selbst Flüchtling, hat andere Sorgen als Infrastruktur. „Ein | |
Friedensabkommen beendet vielleicht den Krieg zwischen Nord und Süd“, | |
analysiert er. „Aber ich fürchte, dass wir Südsudanesen miteinander in | |
Konflikt geraten, wenn wir unseren gemeinsamen Feind nicht mehr haben. Alte | |
Konflikte wie zwischen dem Dinka- und dem Nuer-Volk können wieder | |
aufflammen“. ILONA EVELEENS | |
11 Feb 2004 | |
## AUTOREN | |
ILONA EVELEENS | |
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