# taz.de -- Der Minus-Mann | |
> Frank Steffel war der absolute Spitzenpolitiker, seine Negativwerte in | |
> Umfragen blieben unerreicht. Aber er blickte stets über den Tellerrand – | |
> nach Peking, Havanna und Rothenburg ob der Tauber | |
eine Chronik von FELIX LEE | |
1. Juli 2001: Frank Steffel wird Spitzenkandidat der CDU. Im Wahlkampf | |
setzt er auf rote Socken und polemisiert gegen den schwulen Bürgermeister: | |
„Schaut Wowereit in die Augen!“ | |
3. Juli 2001: Bei einer CDU-Wahlkampfveranstaltung auf dem Alexanderplatz | |
fliegen Eier. Steffel duckt sich hinter Stoiber. Später erklärt er: Stoiber | |
sei rückwärts auf ihn zugetreten. | |
7. Juli 2001: Der „Kennedy von der Spree“, als den ihn seine PR-Agentur | |
Publicis verkaufen möchte, setzt auf seine Heterosexualität. Dafür muss | |
Gattin Katja herhalten – und sieht sich bereits als Berlins First Lady. | |
31. Juli 2001: Steffel outet sich. Als Antiberliner. München sei die | |
„schönste Stadt Deutschlands“. Später revidiert er seine Aussage: Die | |
„wahrscheinlich schönste Stadt in Deutschland ist Rothenburg ob der | |
Tauber“. | |
22. August 2001: Schwarze sind Bimbos, Türken Kanaken und Behinderte Mongos | |
– Steffel wird vorgeworfen, in seiner Jugend Ausländerfeind gewesen zu | |
sein. Sein Auftritt bei Michel Friedmans TV-Show macht es nicht besser: | |
Immerhin spreche er nicht mehr von Niggern. | |
11. September 2001: Nach den Anschlägen in den USA sieht Steffel die | |
„Feinde der Freiheit“ nicht in Afghanistanin, sondern in Deutschland: | |
„Berlin darf nicht nach Peking und Havanna die dritte sozialistische | |
Hauptstadt werden.“ | |
14. September 2001: Steffel im Umfragetief. Nur 16 Prozent der Berliner | |
würden ihn wählen, im Ostteil sogar nur 8 Prozent. Er ist unbeliebter als | |
seine Partei. | |
21. Oktober 2001: Rekordminus: Bei den Berlin-Wahlen verliert die CDU 17 | |
Prozentpunkte. Spitzenkandidat Steffel übernimmt die Hauptverantwortung – | |
und bleibt Oppositionsführer. | |
25. Februar 2002: „Wenn jemand nicht loslassen kann, drohen Person und Amt | |
beschädigt zu werden“, sagt Steffel sehr weitsichtig – und fordert eine | |
Amtszeitbegrenzung für den Regierenden Bürgermeister. | |
4. März 2002: Berliner Liebesentzug hält an: Steffels Sympathiewert liegt | |
bei –1,7. | |
16. März 2002: Steffel entdeckt sein Herz für Homosexuelle und wirbt für | |
die Homoehe. | |
23. August 2002: Zur Bundestagswahl verzichtet die Hellersdorfer CDU auf | |
Großplakate mit Steffel. | |
27. Oktober 2002: „Berlin neu denken“ – Steffel legt seiner Partei Thesen | |
vor und spricht von „Aufbruchsgeist und Gemeinschaft“. Dabei watscht er | |
seine Stellvertreterin Monika Grütters ab – Parteifreunde fordern daraufhin | |
seinen Rücktritt. | |
3. November 2002: Der frisch ernannte Parteivorsitzende Christoph Stölzl | |
mahnt Steffel, sich mit der Kritik an die Diepgen-Ära zurückzuhalten. | |
12. November 2002: In einer Machtprobe setzt sich Steffel ganz knapp gegen | |
Grütters durch. Er wird Rundfunksratmitglied. Sie ist sauer. | |
15. November 2002: Der CDU-Abgeordnete Karl-Georg-Wellmann fordert – | |
zunächst anonym – Steffels Rücktritt. Das bringt Steffel ein paar | |
Mitleidspunkte ein. | |
18. November 2002: Schachmatt. Beim Prominenten-Schachtunier, an dem auch | |
Schäuble und Nooke teilnehmen, verzieht sich Steffel. Vier Niederlagen sind | |
doch zu viel. | |
2. Dezember 2002: Bei der berühmten Sonntagsfrage wird die CDU stärkste | |
Partei in Berlin – wäre da nicht Steffel. Der CDU-Fraktionschef rutscht so | |
tief wie das Wetter an diesem Tag: –1,9. | |
26. März 2003: Jubelmeldung: Steffel hat’s doch noch drauf. Sein | |
Kreisverband Reinickendorf wählt ihn mit 92 Prozent erneut zum | |
Vorsitzenden. | |
3. Mai 2003: Unternehmer fordern Steffels Rücktritt mit dem Argument, die | |
Union brauche „vorzeigbare Köpfe“. CDU-Schatzmeister Marc Aurel von Dewitz | |
beklagt weniger Spenden an die Union – wegen Steffel. | |
8. Mai 2003: Peter Kurth, Exfinanzsenator, kündigt seine Kandidatur als | |
Landeschef an. Doch eigentlich hat er es auf Steffels Posten abgesehen. | |
11. Mai 2003: Steffel gibt auf. | |
13 May 2003 | |
## AUTOREN | |
FELIX LEE | |
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