# taz.de -- Österreichs Ölsucher scheitern im Sudan | |
> Der Bürgerkrieg im Sudan und Proteste von NGOs zu Hause vertreiben den | |
> Ölkonzern OMV aus dem Sudan | |
WIEN taz ■ Die Österreichische Mineralölverwaltung (OMV) zieht sich aus dem | |
Sudan zurück. Der größte börsennotierte Konzern Österreichs war wegen | |
seines Engagements stark unter Druck geraten und verkaufte daher seine | |
Beteiligungen an zwei Erkundungsfeldern für Öl im Südsudan an den indischen | |
Konzern ONGC Videsh. | |
Im Sudan tobt seit vielen Jahren ein brutaler Bürgerkrieg, bei dem im Süden | |
tausende vertrieben wurden. Vor zwei Jahren urteilte | |
UN-Sonderberichterstatter Gerhart Baum, dass die Ölgewinnung zu „einer | |
Verschärfung des Konfliktes geführt“ habe, der dadurch zu einem „Krieg um | |
das Öl“ geworden sei. Zahlreiche Studien von Menschenrechtsorganisationen | |
kommen zu dem Schluss, dass die Ölbohrungen in direktem Zusammenhang mit | |
Krieg und Menschenrechtsverletzungen stehen. | |
Die wachsende Kritik an der OMV führte vor eineinhalb Jahren zur Gründung | |
der Bürgerinitiative „Sudan-Plattform-Austria“, die den Konzern seitdem | |
politisch unter Druck setzt. Dennoch bestreitet der Ölkonzern offiziell, | |
der Rückzug Anfang des Monats habe irgendwas mit den Protesten zu tun. | |
Helmut Langanger, Vorstand für Exploration und Produktion, zeigte sich mit | |
dem 115-Millionen-Euro-Deal zufrieden: „Wir haben einen guten Preis für | |
unsere Beteiligungen im Sudan erhalten.“ Bei Eigeninvestitionen von rund 41 | |
Millionen Euro beträgt der Gewinn satte 70 Millionen. Das Ansinnen der | |
Sudan-Plattform, einen Teil davon an die vertriebene Bevölkerung | |
abzuführen, weist die OMV-Leitung von sich. „Der Erlös aus dem Verkauf | |
dieser Explorationsbeteiligungen wird in den Ausbau unserer Erdöl- und | |
Erdgasproduktion investiert“, sagt Langanger. | |
Die OMV hatte sich 1997 mit Anteilen von rund 25 Prozent als | |
Konsortialpartner der schwedischen Lundin Sudan, der malaysischen Petronas | |
und des sudanesischen Staatsunternehmens Sudapet an den Erkundungen in zwei | |
so genannten Blöcken im Muglad-Becken, rund 700 km südwestlich von | |
Khartoum, beteiligt. | |
Die Förderungen haben zwar noch nicht begonnen. Aber unter dem | |
Thar-Jath-Feld im Block 5A wurden Ölvorkommen von 149 Millionen Barrel | |
entdeckt. Das Gesamtpotenzial des Blocks wird auf stolze zwei Milliarden | |
Barrel geschätzt. Block 5B birgt mutmaßlich eine Milliarde Barrel. | |
Durch deren Erschließung könnte der Sudan, eines der am wenigsten | |
entwickelten Länder der Welt, zu Wohlstand gelangen. Anfang 2002 wurden die | |
Explorationen „aus Sicherheitsgründen“ eingestellt. Der Druck von | |
Menschenrechtsorganisationen und das Übergreifen von Kämpfen auf das | |
Bohrgebiet dürften das Konsortium zu dieser Maßnahme bewogen haben, meint | |
Rudolf Remler von der Sudan-Plattform-Austria. | |
Anfang dieses Jahres überfielen Bürgerkriegsmilizen das Camp und töteten | |
mehrere einheimische Mitarbeiter. Lundin gab darauf im Mai seine Anteile | |
ab. Remler kritisiert den Rückzug der OMV: „Als europäischer Investor hätte | |
sie die Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und der | |
Rebellenbewegung SPLA positiv beeinflussen und die Rückkehr der | |
Vertriebenen durchsetzen können.“ | |
Die OMV ist der führende Erdöl- und Erdgaskonzern in Zentral- und | |
Osteuropa. Sie fördert derzeit rund 117.000 Barrel. Geplant ist bis 2008 | |
die weitere Expansion: darunter eine umstrittene Investition im | |
Amazonasbecken Ecuadors. Mit diesen Ölvorkommen will der Konzern seine | |
tägliche Fördermenge auf 160.000 Barrel erhöhen. | |
Der Konzern hat inzwischen auf die Proteste der Bürgerrechtsgruppen gegen | |
Investitionen in ökologisch und sozial heiklen Gebieten reagiert. OMV | |
verpasste sich im vergangenen Jahr einen Verhaltenskodex. | |
RALF LEONHARD | |
16 Sep 2003 | |
## AUTOREN | |
RALF LEONHARD | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |