# taz.de -- Ein Mann steht auf | |
> Exparteichef Martin Matz verlässt die FDP-Fraktion: Deren Chef Lindner | |
> hält er für populistisch und zu CDU-nah, die Sparpolitik für | |
> inkonsequent. Diesem Stil treu, bleibt Matz vorerst selbst in der FDP | |
VON STEFAN ALBERTI | |
Er will nicht mehr. Nicht mehr eine Finanzpolitik mittragen, die er für | |
falsch hält. Nicht mehr die Sprüche von Fraktionschef Martin Lindner | |
ertragen. Nicht mehr in ein bürgerliches Lagerdenken eingepasst sein. | |
Martin Matz, Exchef der Berliner FDP, Exmitglied im Bundespräsidium, ist | |
gestern aus der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus ausgetreten. | |
Parteimitglied will er vorerst bleiben. Die SPD-Fraktion würde ihn gerne | |
bei sich sehen, die Grünen offenbar auch. Die FDP-Fraktion, gestartet mit | |
15 Mitgliedern, ist nun mit nur noch 13 die kleinste. Im Herbst 2002 schon | |
war Wolfgang Jungnickel wegen der damaligen Möllemann-Polemik ausgetreten. | |
Voran ging ein Fraktionsbeschluss Mitte August, Matz aus dem Hauptausschuss | |
des Parlaments abzuziehen: Dort könne kaum ein Mann die Fraktion vertreten, | |
der die FDP-Finanzpolitik derart kritisiere. Matz hatte sie im Juni in | |
einem öffentlichen Papier „widersprüchlich, inkonsequent, (noch?) nicht | |
regierungsfähig“ genannt. | |
Der Austritt beendet eine Rivalität, die seit Beginn der Legislaturperiode | |
währte. Als der kürzlich verstorbene Günter Rexrodt sich Anfang 2002 wieder | |
in die Bundespolitik verabschiedete, wäre auch Matz gern Fraktionschef | |
geworden. Daraus wurde nichts, nicht einmal in den Vorstand kam er. Bei | |
anderen verschafft Matz sich als Finanz- und Gesundsheitspolitiker Respekt. | |
Im Licht der Öffentlichkeit aber steht Martin Lindner. | |
„Die Lindner-FDP ist gekennzeichnet durch Populismus und bürgerliches | |
Lagerdenken“, sagte Matz gestern. Er ist mit seiner Kritik zwar nicht | |
allein in der Fraktion, auch wenn seine Abwahl mit zehn zu zwei Stimmen bei | |
einer Enthaltung deutlich war. Andere wissen aber unter dem Strich zu | |
schätzen, dass Lindner, einer der besten Redner im Parlament, der FDP viel | |
Aufmerksamkeit verschafft. Auch Schulpolitikerin Mieke Senftleben, die | |
ihrem Chef schon mal Contra gibt, hatte für Matz’ Abgang kein Verständnis: | |
„Eine Inszenierung sondergleichen.“ | |
So inkonsequent, wie er die FDP-Politik nennt, blieb Matz gestern aber auch | |
selbst. Natürlich wird er nicht nur die Fraktion, sondern auch die Partei | |
verlassen müssen, wenn er weiter ein Rädchen drehen will. Das geht nur in | |
einer anderen Fraktion, wozu er zumindest parteilos sein muss: Ohne | |
Fraktion säße er in keinem Ausschuss, könnte sich nur noch alle 14 Tage in | |
der Plenarsitzung ganz hinten neben Exkollege Jungnickel hocken. | |
Angebote hat er von der SPD, und auch Grüne hätten ihn angesprochen. Wenn | |
Matz weiter bei den Finanzen bleiben will, kommt aber nur die SPD in Frage. | |
Die könnte ihn auf einem ihrer neun Sitze im Hauptausschuss unterbringen. | |
Bei den Grünen sind dort Esser und Schruoffeneger gesetzt, und Ramona Pop, | |
einzige grüne Frau in dem zentralen Gremium, wird ihren Sitz kaum | |
freiwillig aufgeben. | |
Fraktion und Partei forderten ihn auf, sein Mandat an die FDP zurückzugeben | |
– Matz ist wie alle FDPler nicht direkt, sondern über Liste gewählt. Für | |
Landeschef Markus Löning ist das „eine Frage des politischen Anstands“. | |
Matz weist die Forderung zurück: „Ich bin für fünf Jahre gewählt.“ | |
meinung und diskussion SEITE 12 | |
4 Sep 2004 | |
## AUTOREN | |
STEFAN ALBERTI | |
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