# taz.de -- daumenkino: „Es bleibt in der Familie“ | |
> Der letzte Stunt | |
Wer Michael Douglas noch nie leiden konnte, sollte sich jetzt was schämen. | |
Denn ein bisschen Mitleid wäre angebracht mit einem Mann, dessen Vater im | |
Leben alles erreicht, seinem Sohn aber – von einem miesen, kleinen | |
Kinngrübchen abgesehen – nur eines vermacht hat: einen riesigen | |
Minderwertigkeitskomplex. In Hollywood war es immer ein offenes Geheimnis, | |
dass der große Kirk vom kleinen Michael nicht viel hielt. Der Sohn | |
russischer Einwanderer kämpfte sich als rebellischer Sklave, Boxer und | |
Westerner nach oben. Der Junior hockte sich ins gemachte Nest und spielte | |
reiche Leute mit Komplexen. Hätte er sich einen Cowboyhut aufsetzen sollen? | |
Mit 86 Jahren hat sich der alte Knabe wohl selbst ein wenig geschämt und | |
seinem Sprössling dessen größten Wunsch erfüllt. Vater und Sohn stehen | |
gemeinsam vor der Kamera und spielen Familie. In den Luxusappartements des | |
New Yorker Gromberg-Clans stehen sich drei Generationen auf den Füßen. Denn | |
neben Michaels Mutter Diana, von Kirk seit über 50 Jahren geschieden, ist | |
auch Enkel Cameron dabei. Alle spielen mehr oder weniger sich selbst. | |
Michael ist Anwalt und betrügt seine Frau. Kirk ist der Gründer der Firma, | |
die sein Sohn mehr schlecht als recht verwaltet. Es wird eine Menge geredet | |
und vieles bereut. Diese Art der Familientherapie gab es schon einmal. Der | |
Film hieß „Am goldenen See“, versöhnte Henry Fonda mit Tochter Jane und w… | |
nur unwesentlich aufregender. | |
Wobei wirklich alle ihr Bestes geben. Kirk Douglas war Manns genug, seinen | |
schweren Schlaganfall in den Plot einzubauen. Gar kein Zweifel, dass er | |
hier, sabbernd und geifernd, seinen letzten großen Stunt hinlegt. Michael | |
wirkt geradezu sympathisch. Nichts kriegt er hin, nicht seine Ehe und nicht | |
das Verhältnis zu seinem Sohn. Als Psychogramm einer Sippe mag das | |
durchgehen, als Film pendelt es zwischen Slapstickkomödie und Melodram hin | |
und her. Ging es im wahren Leben dieser Schauspielerdynastie nicht doch | |
turbulenter zu? Und warum müht sich der Hollywood-Clan, im New Yorker | |
Großstadttrubel jüdische Bürgerlichkeit zu simulieren? Auf diesem Terrain | |
spaziert ein Stadtneurotiker, gegen den man nur verlieren kann. Vielleicht | |
hat Hollywood ja, sobald es ums Echte geht, einen kleinen | |
Minderwertigkeitskomplex. PHILIPP BÜHLER | |
„Es bleibt in der Familie“. Regie: Fred Schepisi. Mit Kirk Douglas, Michael | |
Douglas, Diana Douglas u. a. USA 2003, 109 Minuten | |
2 Oct 2003 | |
## AUTOREN | |
PHILIPP BÜHLER | |
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