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# taz.de -- Nintendo 3DS: Daddeln in der dritten Dimension
> Nintendo lässt Spieler mit der Konsole 3DS in die dritte Dimension
> blicken. Das brillenlose Vergnügen ist ein Erlebnis, auch wenn es die
> Augen anstrengt.
Bild: Spiel mit mir: Nintendos 3DS.
3D heißt der neue Trend in deutschen Wohnzimmern. Zumindest laut
Herstellern der passenden Geräte, die die neue Technik pausenlos als neuen
Standard anpreisen. Doch durchgesetzt hat sich die Unterhaltung mit
Tiefenwirkung noch nicht. Zu umständlich der Gebrauch der benötigten
Brillen, zu teuer die 3D tauglichen Fernsehgeräte.
In Kürze könnte der Trend sich tatsächlich durchsetzen. Allerdings nicht an
der heimischen Flimmerkiste, sondern ausgerechnet unterwegs. Mit einer
tragbaren Spielkonsole: Nintendo veröffentlicht am Freitag den 3DS, der
Spiele auch ohne Brille in 3D erkennbar macht. Die Zahl der Vorbestellungen
verspricht für den Spielemini schon jetzt einen Erfolg.
Als die Minikonsole erstmals angekündigt wurde, waren viele skeptisch: "3D
ohne Brille? Das funktioniert?" Ja, sogar ziemlich gut. Mittels zweier
versetzter Bilder, die der Screen anzeigt und jeweils an ein Auge sendet.
Ähnlich wie bei den bekannten Wackelbildern. Bei manchen Spielen ist der
3D-Effekt nur eine optische Spielerei, um die zu pflegenden Hundewelpen in
"Nintendogs + Cats" noch niedlicher und die Levels, durch die der
Spieleheld in "Rayman 3D" hüpft, noch plastischer wirken zu lassen.
Ein rein kosmetisches Extra, das aber die erhoffte Wirkung erzielt. Die
Funktion macht Lust auf mehr und bietet ein neues Spielerlebnis. Selbst von
den großen Heimkonsolen bereits bekannte Games wie "Splinter Cell" und
"Street Fighter IV" machen in der 3D-Variante auch beim erneuten Spielen
Spaß.
Bei anderen Games verbessert der dreidimensionale Effekt sogar die
Spielmechanik. Etwa bei "Pro Evolution Soccer 2011 3D", neben der
virtuellen Welpensschule "Nintendogs + Cats" einer der beiden Hitkandidaten
der 13 erhältlichen Starttitel. Waren Fußballsimulationen bislang nur auf
dem großen Fernsehbildschirm so richtig unterhaltsam, lässt der Blick in
die Tiefe endlich auch am Minibildschirm Entfernungen auf dem virtuellen
Platz erkennen.
Damit sind Pässe und Flanken kein Schuss ins Blaue mehr. Dank verbesserter
Grafikqualität sehen Besitzer der Kleinkonsole nicht nur identische
Männchen über das Grün rennen, sondern können Podolski von Khedira
unterscheiden.
## Pause für die Augen
Besonders realistisch wirkt der 3D-Effekt bei Spielen, bei denen man
mittels Bewegung der Konsole ein Objekt umkreisen kann, als würde eine
Kamera um es herumfahren. Auch bei rasanter Action wie beim Rennspiel
"Ridge Racer 3D" beeindruckt die Tiefenwirkung. Nach einer Weile allerdings
wird der mitreißende Spaß zur harten Arbeit.
Schließlich ist das menschliche Auge nicht an künstliches 3D gewöhnt. Nach
etwa einer halben Stunde brauchen die Augen eine Pause, sonst werden sie
träge oder Kopfschmerzen stellen sich ein. Wie gut, dass man die 3D-Stärke
mit einem Regler stufenlos verstellen und so minimieren oder gar völlig
abschalten kann, wenn der Blick in die Tiefe zu anstrengend wird.
Dass Nintendo andere Wege geht als die Konkurrenz, hat das japanische
Unternehmen mehrfach gezeigt. Während andere die Gemeinde der Spieler mit
immer besserer Grafikpower begeistern wollten, setzte Nintendo auf
Massentauglichkeit durch einfache Bedienung. Durch Bewegungssteuerung auf
der Wii und Berührungssteuerung des Touch Screens auf dem tragbaren DS. Mit
Erfolg.
Obwohl eingefleischte Gamer von der Grafikqualität der Wii enttäuscht
waren, verkaufte sich das Gerät weltweit rund 86 Millionen mal. Unter
anderem an völlig neue Zielgruppen wie Senioren. Nintendos größte Stärke
ist der Markt der Handheldkonsolen, also der tragbaren Geräte. Der Name des
in den USA und Japan 1989 veröffentlichten GameBoy ist mittlerweile zum
Synonym für portable Spielkonsolen geworden. Der 3DS-Vorgänger Nintendo DS
führt sogar die Verkaufscharts der Konsolen an.
Mit dem Thema 3D hat die Forschungsabteilung des Unternehmens sich schon
lange beschäftigt. Hat es auf der Heimkonsole GameCube getestet, für den
entsprechende Displays aber zu teuer gewesen wären. Tests auf dem 2003
erschienenen GameBoy Advance SP zeigten, dass dessen Grafikqualität nicht
ausreichte, um ein überzeugendes 3D-Bild darzustellen. Nach jahrelangem
Herumprobieren verschwand die Idee vom 3D wieder in der Schublade.
Nun sind 3D-Bildschirme bezahlbar und die Grafikqualität der Konsolen
leistungsstark genug. Also wurde das 3D-Projekt wieder angeschoben. Warum
ausgerechnet auf einer tragbaren Konsole? Weil Nintendo laut
Geschäftsführer Satoru Iwata unbedingt 3D ohne Brille bieten wollte. Er
nahm an, dass nur ein Bruchteil der Spieler sich solch eine Brille kaufen
und so die dritte Dimension nutzen würde.
"Handheld-Konsolen eignen sich viel besser dafür, die Spielwelt mit
3D-Grafiken abzubilden", sagt Shigeru Miyamoto, Erfinder der Mario-Spiele
und einer der Leiter von Nintendo. "Bei Handheldkonsolen müssen wir jedem
Spieler sowieso einen Bildschirm zur Verfügung stellen. Das ist bei
Heimkonsolen nicht möglich."
Also erweiterte der Hersteller seinen Verkaufsschlager Nintendo DS
entsprechend. Das Ergebnis sieht auf den ersten Blick so aus wie der
Vorgänger. Nach dem Aufklappen offenbart sich neben dem oberen
3D-Bildschirm auf der unteren Seite der bekannte, berührungsempfindliche
Screen. Nur der Steuerstick, der nun das Steuerkreuz ersetzt, lässt
erkennen, dass etwas anders ist.
## Augmented Reality
Neben Games spielt das Gerät auch 3D-Filme ab, die künftig erhältlich sein
sollen. Weitere Spielereien sind das Knipsen von 3D-Fotos und der
eingebaute Schrittzähler. Besonders viel versprechend ist die Funktion
Augmented Reality, erweiterte Realität. Die Software filmt die Umgebung des
Spielers ab und baut auf dem Bildschirm Objekte darin ein.
Wer eine spezielle Karte auf den Esstisch legt, sieht plötzlich einen
virtuellen Drachen aus der Tischplatte kommen. Eine spannende Idee, die
bislang leider nur in einem integrierten Minispiel genutzt wird. Künftig
soll diese Funktion in weitere Spiele eingebaut werden.
Auch wenn Nintendos Konzepte sich von denen anderer unterscheiden, kommen
auch sie an einigen Massentrends nicht vorbei. Wie zum Beispiel der
Vernetzung. Während andere Konsolen auf epische Online-Matches setzen,
spielt auf dem 3DS das Tauschen von Inhalten eine große Rolle. Wer mit
eingeschaltetem Gerät an einem anderen 3DS-Besitzer vorbeigeht, kann so mit
ihm Spielfiguren austauschen. Ein Browser ist in Arbeit und soll
nachgeliefert werden.
Allen Anstrengungen für die Augen zum Trotz: 3D ist ein Erlebnis. Auch
unterwegs. Die Spiele fühlen sich dank Tiefenschärfe echter, unmittelbarer
an. Das hat allerdings seinen Preis. Knapp 250 Euro plus rund 45 Euro pro
Spiel sind eine stolze Summe für eine Minikonsole. Ein Hit wird das Gerät
wohl trotzdem werden. Bei der englischen Niederlassung von Amazon ist der
3DS bereits die meistvorbestellte Konsole aller Zeiten.
25 Mar 2011
## AUTOREN
Nina Ernst
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