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# taz.de -- Streit über die Homo-Heiler
BERLIN taz ■ Ein für Mitte Mai geplanter „Kongress für Psychotherapie und
Seelsorge“ bibeltreuer Christen im hessischen Marburg sorgt für Unmut.
Kritiker befürchten, dass in Räumen der Universität und in der Stadthalle
die „Umpolung“ von Homosexuellen propagiert werden soll. Politiker von
Grünen und SPD und der Lesben- und Schwulenverband stören sich vor allem an
zwei Referenten. Markus Hoffmann, Leiter des Vereins Wüstenstrom, und
Christl Vonholdt, Leiterin des Deutschen Instituts für Jugend und
Gesellschaft (DIJG) – beides schillernde Figuren in der evangelikalen
Szene.
Wüstenstrom bietet seit längerem einen „Therapie- und Seelsorgeprozess“ a…
der zur Abnahme homosexueller Gefühle führen soll. Diese „Therapie“, so h…
es das Frankfurter Landgericht entschieden, darf als „Umpolung“
Homosexueller bezeichnet werden. Auf dem Marburger Kongress, zu dem mehr
als 1.000 Teilnehmer erwartet werden, will Hoffmann in einem Seminar zum
Thema „Reifung in der Identität als Frau und als Mann“ unter anderem über
eine als „konflikthaft empfundene Sexualität“ referieren.
Vonholdt und ihr DIJG unterstützen die sogenannte Reparativtherapie, deren
Ziel es sei, Homosexuelle auf dem „Weg der Veränderung hin zur Entwicklung
ihres heterosexuellen Potenzials therapeutisch zu begleiten“. Das Seminar
in Marburg trägt den Titel „Weibliche Identitätsentwicklung und mögliche
Probleme“. Das DIJG bestreitet, dass es sich dabei um ein
„Umpolungsangebot“ handelt.
Im vergangenen Jahr wollte das DIJG auf dem Evangelikalen-Happening
„Christival“ in Bremen das Seminar „Homosexualität verstehen – Chance …
Veränderung“ abhalten, das nach heftigen Protesten abgesagt wurde. Die
Bundesregierung hatte zu dem Streit über das vom Familienministerium
unterstützte Festival festgestellt, dass „Konversions-“ oder
„Reparationstherapien“ zu Ängsten, sozialer Isolation, Depressionen bis hin
zu Suizidalität führten.
Nun regt sich auch Widerstand gegen den Kongress in Marburg. Der Lesben-
und Schwulenverband protestiert gegen „gefährliche Umpolungsangebote“. Die
Hessen-Grünen sprechen von einem „Homophobie-Kongress“, den es zu
verhindern gelte. Und der Marburger SPD-Landtagsabgeordnete Thomas Spies
sagt: „Die Landesregierung muss sicherstellen, dass es in
Landeseinrichtungen nicht zu diskriminierenden Äußerungen über Homosexuelle
kommt.“
Martin Grabe, Vorsitzender der evangelikalen Akademie für Psychotherapie
und Seelsorge, die den Kongress veranstaltet, wehrt sich gegen Kritik.
„Hier sollen Referenten mundtot gemacht werden“, sagte er. „Das ist eine
nicht hinnehmbare Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit.“
Marburgs Oberbürgermeister Egon Vaupel (SPD) geht bisher nur vorsichtig auf
Distanz zu dem Kongress. „Sollte es zutreffen, dass Herr Hoffmann und Frau
Vonholdt Positionen vertreten, die sich gegen homosexuelle Identitäten und
Lebensweisen richten, distanziere ich mich“, teilte er mit. Der Mietvertrag
für die Stadthalle solle aber nicht aufgehoben werden. Die Universität
betont, dass sie inhaltlich nichts mit der Tagung zu tun habe. Die Räume
seien für knapp 5.000 Euro an den Veranstalter vermietet worden, sagte eine
Sprecherin. Bisher sehe die Universität keinen Handlungsbedarf, zumal die
Seminare zeitlich so gelegt worden seien, dass eine Störung des Unibetriebs
ausgeschlossen sei. Der Kongressauftakt ist am Abend vor Christi
Himmelfahrt. WOLF SCHMIDT
17 Apr 2009
## AUTOREN
WOLF SCHMIDT
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