Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ski-WM in Oslo: Nervenkrieg um eine Bindung
> Tino Edelmann, Vizeweltmeister der Kombinierer, muss ab sofort mit einer
> anderen Bindung springen. Sein Exkollege Severin Freund bereitet sich auf
> die Großschanze vor.
Bild: Severin Freund bereitet sich auf das WM-Springen von der Großschanze vor.
OSLO taz | Zwei Männern wird Severin Freund in diesen WM-Tagen sicherlich
ganz besonders danken, nachträglich. Hatten ihn Alois Uhrmann, Vater seines
aktuellen Team-Kollegen Michael Uhrmann, und der eigene Papa Heinrich vor
acht Jahren doch endgültig davon überzeugt, den Kindheitstraum von der
Nordischen Kombination sausen zu lassen und sich ganz aufs Skispringen zu
konzentrieren. So blieb dem besten deutschen Weitenjäger dieses Winters das
erspart, was der Kombinations-Kollege Tino Edelmann gerade durchmacht.
Es ist eine ausgewachsene Wintersportposse, die sich da am Holmenkollen um
das Bindungssystem des 25-jährigen Thüringers abspielt. So bizarr, dass der
DSV am Dienstagmittag um zwölf eine dreiköpfige Delegation, bestehend aus
Vizepräsident Franz Steinle, Mannschaftsleiter Horst Hüttel und
Kombinations-Bundestrainer Hermann Weinbuch, zu den Wachskabinen oberhalb
der Langlauf-Arena entsandte.
Das Trio wollte die verworrene Geschichte um den vom Internationalen
Skiverband (Fis) zunächst als "Weiterentwicklung einer bereits bestehenden
Bindung" (Steinle) genehmigten, nach dem Team-Wettbewerb der Kombinierer
und einem förmlichen Protest der Österreicher von der Fis aber plötzlich
als Neuentwicklung eingestuften und verbotenen Edelmann-Ski ausgiebig
beleuchten. Franz Steinles Resümee: "Die Art und Weise, wie das Ganze
abgelaufen ist, war schon befremdlich." Am Dienstag konnte keiner sagen, ob
das zuständige "Subkomitee Material der Fis" (Steinle) sich die Bindung vor
dem erlassenen Verbot überhaupt noch einmal angesehen hatte. Und Severin
Freund gratuliert sich nochmals dazu, den geliebten Loipen mit 14 definitiv
entsagt zu haben.
Seither hat er sich bei den Spezialisten nach und nach an die nationale
Spitze hochgearbeitet, bis es am 15. Januar im japanischen Sapporo für den
Niederbayern dann auch zum ersten Weltcup-Sieg reichte. Ein Ereignis, das
nach fast vierjähriger Erfolgsdürre im Weltcup wie ein Monsunregen über die
deutsche Skisprung-Abteilung niederging. Zwei Wochen später ließ Freund im
hessischen Willingen noch einen zweiten Sieg folgen - weshalb Bundestrainer
Werner Schuster vor den WM-Entscheidungen auf der Großschanze, die heute
Abend mit der Qualifikation im Einzel-Wettbewerb beginnen, klipp und klar
sagt: "Severin Freund ist unser einziger seriöser Medaillenkandidat."
Der Sturz im Team-Wettbewerb von der Kleinschanze, mit dem der Überflieger
des Winters den dritten Platz der deutschen Mannschaft nicht mehr wirklich
in Gefahr brachte, haben alle Beteiligten dabei längst für null und nichtig
erklärt. "Ich werde jetzt nicht anfangen, auf der Großschanze irgendetwas
anders zu machen", sagt Freund, der für seine extrem hohe Flugkurve
berüchtigt ist und deshalb bei der Landung, wie er sagt, "immer arg schief"
aufsetzt. Daran wird sich auch bei den Springen von der
Holmenkollen-Schanze nichts ändern. "Der Sturz vom Sonntag sollte ihn nicht
aus der Bahn werfen", meint Schuster.
Vielmehr sei es "gut", findet der Chefcoach, "dass der Severin schon zwei
Wettkämpfe in den Beinen hat". Schließlich ist der 22-Jährige, dem seine
Erfolge keineswegs wie reife Früchte in den Schoß gefallen, sondern das
Ergebnis großer Zähigkeit und Ausdauer sind, der Youngster im deutschen
Team. Ein WM-Neuling, auf dem aber dennoch die DSV-Hoffnungen für das
Einzelfinale und das zweite Team-Springen am Samstag ruhen.
Er soll die Österreicher, die der Springer-Konkurrenz auch in Oslo bislang
davonfliegen, ein wenig ärgern. Gerade auf der Großschanze. "Severin hätte
schon die Form, um ganz da oben zu stehen", findet sein erfahrener
Team-Kollege Martin Schmitt (33). Und Bundestrainer Schuster prophezeit:
"Auf der großen Schanze werden die Österreicher nicht mehr so dominant
sein. Da gibt es mehr Chancen für die Flieger." Für Flieger-Typen wie
Severin Freund.
1 Mar 2011
## AUTOREN
Andreas Morbach
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.