# taz.de -- Togos Kampf der Diadochen | |
> Der Langzeitdiktator Eyadema stirbt, sein Militär übergibt dem | |
> Präsidentensohn die Macht. Aber nun fordert ein anderer Präsidentensohn | |
> Demokratie | |
VON DOMINIC JOHNSON | |
Der „Vater der Nation“ ist tot; jetzt beginnt der Kampf der Diadochen. | |
Togos Präsident Gnassingbe Eyadema, der dienstälteste Diktator Afrikas, ist | |
am Samstag im Alter von 69 Jahren gestorben, und die Armee hat seinen Sohn | |
Faure Gnassingbe Eyadema, bisher Bergbauminister, als Nachfolger | |
eingesetzt. Dem Präsidentensohn erwächst gleichzeitig ein mindestens | |
ebenbürtiger Rivale: Gilchrist Olympio, führender Exilpolitiker und Sohn | |
von Togos allererstem Präsidenten Sylvanus Olympio, der 1963 bei einem | |
Militärputsch erschossen wurde, angeblich von Eyadema selbst. | |
Ein Machtkampf zwischen den Dynastien Olympio und Eyadema könnte das kleine | |
Togo in einen großen Bürgerkrieg stürzen – einen Bürgerkrieg, der schon | |
seit 14 Jahren immer wieder vor der Tür zu stehen scheint. 1991 hatte | |
Eyadema unter dem Druck einer erstarkenden Demokratiebewegung wie alle | |
seine Amtskollegen in Westafrika das straffe Einparteiensystem abschaffen | |
müssen, das er seit seiner Installierung als Staatschef im Januar 1967 | |
gegründet hatte, mit nordkoreanisch inspiriertem Personalkult, brutalster | |
Unterdrückung seiner Gegner und unverbrüchlicher Unterstützung durch die | |
französischen und deutschen Rechten. Aber seine komplette Entmachtung | |
vereitelte Eyadema 1991 bis 94 mit Terrorkampagnen gegen Demonstranten, der | |
gezielten Ermordung von Oppositionsaktivisten und regelmäßigen | |
Plünderfeldzügen seiner Soldateska. Wahlen ließ er schließlich zu – aber | |
nur zu den eigenen, unfairen Bedingungen. | |
Nach einer plumpen Wahlfälschung 1998 entging Eyadema internationalen | |
Strafaktionen nur mit dem Versprechen, dies sei seine letzte Amtszeit – ein | |
Versprechen, das er bei den nächsten Wahlen 2003 ebenso plump wieder brach. | |
Bis zu seinem Tod blieb Eyadema die Personifizierung eines in Afrika | |
ansonsten immer selteneren skrupellosen Herrschaftssystems alten Stils, das | |
sich mit Mafiamethoden an der Macht hält. | |
Seinen Aufstieg begründete Eyadema mit der führenden Rolle beim Putsch | |
gegen Togos Unabhängigkeitsführer Sylvanus Olympio 1963 – demr ersten | |
Militärputsch in einem unabhängigen afrikanischen Staat. Sein schärfster | |
Widersacher wurde der Sohn des Ermordeten, Gilchrist Olympio. Der | |
Exilführer der größten togoischen Oppositionspartei UFC (Union der Kräfte | |
für den Wandel), der in den 90er-Jahren vergeblich auf eine von außen | |
erzwungene Demokratisierung Togos drängte, hat nun seine Rückkehr nach Togo | |
angekündigt und freie Wahlen verlangt. In einem Interview sagte er gestern: | |
„Das Land liegt völlig am Boden. Es gibt keine einzige demokratische | |
Struktur, das Land ist ökonomisch im Chaos.“ | |
Zu Lebzeiten des Diktators konnte sich Togos Opposition nie entscheiden, ob | |
sie auf den bewaffneten Kampf oder doch auf Wahlen setzen sollte, um das | |
System Eyadema zu überwinden. Nun hat der Tod des Landesvaters ihr die | |
Entscheidung leicht gemacht: Nach der Verfassung müssten nun innerhalb von | |
60 Tagen freie Wahlen organisiert werden, unter der Führung des | |
Parlamentspräsidenten, der beim Tod des Staatschefs übergangsweise dessen | |
Amtsgeschäfte übernimmt. Wenn da nur Togos Armee nicht wäre. | |
Der Tod ereilte Eyadema am Samstag per Herzinfarkt auf dem Weg nach Israel, | |
wohin er zur medizinischen Behandlung unterwegs war. Als | |
Parlamentspräsident Fambare Ouattara Natchaba, auf Reisen in Europa, davon | |
erfuhr, bestieg er sofort ein Flugzeug nach Lomé. Aber zwischenzeitlich | |
schloss Togos Militär sämtliche Grenzen am Boden, zu Wasser und in der | |
Luft. Ouattaras Flugzeug wurde ins Nachbarland Benin umgeleitet, und dort | |
sitzt er jetzt fest. Unterdessen erklärte Togos Generalstabschef Zakari | |
Nandja am Samstagabend in einer Fernsehansprache, der Parlamentspräsident | |
sei ja leider „nicht da“, es herrsche ein „völliges Machtvakuum“, und … | |
habe die Armee beschlossen, die Macht an den Eyadema-Sohn zu übergeben. Und | |
statt einer 60-tägigen Übergangsfrist zu freien Wahlen gelten nun 60 Tage | |
Staatstrauer. | |
„Togo ist keine Bananenrepublik“, versuchte die offizielle | |
Nachrichtenagentur Kritiker zu beschwichtigen. Aber weltweit hagelte es | |
Kritik. Die Afrikanische Union (AU) sprach von „Staatsstreich“, und sogar | |
Frankreich verlangte die „Einhaltung der Verfassungslegalität“. | |
Viel wird nun von der EU abhängen. Diese verhandelt seit April 2004 mit | |
Togos Regierung über politische Reformen, die freie und faire Wahlen | |
ermöglichen sollen und damit auch eine Wiederaufnahme der seit 1993 | |
eingefrorenen EU-Entwicklungszusammenarbeit. In diesem Rahmen und gemeinsam | |
mit der AU müssten jetzt aktive Maßnahmen folgen, um Togo doch noch auf den | |
Weg zur Demokratie zu bringen. | |
7 Feb 2005 | |
## AUTOREN | |
DOMINIC JOHNSON | |
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