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# taz.de -- Trink den Trend
> Selbst das deutsche Bier hat mittlerweile schlechte Karten. Getrunken
> wird nur, was sich als hip inszeniert
Des Deutschen Bier war lange Zeit von stoischer Natur. Nicht nur aufgrund
des Deutschen Reinheitsgebotes, in welchem 1516 festgelegt wurde, dass
„fortan zu keinem Bier mehr als allein Gersten, Hopfen und Wasser gebraucht
werden sollten“. Es war lange Zeit eine Langzeitliebe, regional verwurzelt,
familiär vererbt, eine verlässliche Größe mit verlässlicher Wirkung: dem
Rausch. Immerhin der ist zumindest vorerst geblieben.
Und doch ist auf dem Getränkemarkt dieser Tage einiges im Fluss. Auch und
gerade, weil sich die vom Philosophen Gilles Deleuzes einmal als flüssig
bezeichneten Verhältnisse bis in die letzten Lebensbereiche, dem Durst
etwa, hineindiffundiert haben. Wer heute in den Glastür-Kühlschrank einer
Szenekneipe in Berlin-Mitte oder Hamburg-Eppendorf blickt, sieht vor allem
eines: ausgestellte Differenzen, Angebote zur Distinktion. Abgefüllt in
klassische Glasflaschen mit zeitgeistigen Etiketten.
„Bionade“ steht da etwa drauf, die Kräuterlimo mit dem hippen
blau-weiß-roten Kringel der britischen Mods. „Tannenzäpfle“, mit einem
retro-feschen Schwarzwaldmädel mit schäumendem Bierglas vor dem
Trachtenleib. Oder „fritz-kola“, die mit den jungen Kerlen im Logo.
Womit schon einmal drei der ausgelobten Trend-Getränke, alkoholisch oder
nicht, genannt wären. Man könnte ihre Reihung beliebig verlängern. Könnte
an Beck’s Gold in der transparenten Flasche erinnern, dem eine Brauerei aus
dem Siegerland nun Krombacher Extra Mild zur Seite stellt. „Der Genuss für
alle, denen Bier bisher zu herb war und die das Gefühl des Sommers lieben.“
Könnte Afri Cola herauskramen, die immer noch wieder da ist. Oder das Helle
aus der Augustiner Brauerei, das beharrlich sein konservatives Image längst
auch nördlich des Mains als hip verkauft. Denn längst verhält es sich mit
dem Bier wie mit dem Kaffeesatz, wer die richtigen Images zu Gersten,
Hopfen und Wasser gibt, kann eigentlich alles darin lesen.
Und doch gibt es einige signifikante Merkmale der neuen Getränkemoden.
Gerne verkörpern sie symbolische Stadtfluchten, kommen aus fränkischen
Weilern (Bionade) oder pittoresken Schwarzwaldstädtchen (Tannenzäpfle).
Gerne schmecken sie wie früher (Afri Cola, Augustiner) ohne tatsächlich an
früher zu erinnern. Am liebsten – und zum Genuss ihrer Trinker – geben sie
die Davids im Kampf gegen globalisierte Großbrauereien. Diese aber haben
nun, trotz oder gerade wegen exorbitanter Kampagnen inFormel 1 und
Primetime-TV, riesige Imageprobleme. CLEM
18 Apr 2005
## AUTOREN
CLEM
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