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# taz.de -- Hans-Peter, 61, Wuppertal
Im Sommer wurde ich mit einer Metallstange angegriffen. Ich habe in einem
Hauseingang geschlafen und dann haben mir nachts drei Jugendliche die
Stange über den Kopf gezogen und sind weggerannt. Ein Kollege hat die
Polizei gerufen, aber bis die da war, waren die Täter über alle Berge. So
ist das meistens. Einen sicheren und warmen Schlafplatz finden, das ist
eigentlich immer die größte Sorge.
Eine Zeitlang konnte ich zusammen mit einem Freund in einem leer stehenden
Geschäft schlafen. Da haben wir eigentlich niemanden gestört. Irgendwann
haben sich die Inhaber dann aber doch beschwert. So läuft das eigentlich
immer. Und dann kommt die Polizei und wir werden geräumt. Und dann sucht
man sich wieder was Neues. Wenn ich draußen geschlafen habe, dann oft mit
ein paar Leuten zusammen und nicht direkt im Stadtzentrum. Da ist man
sicherer vor Gewalt, als wenn man mittendrin ist. Aber richtig sicher ist
man draußen eben nie.
Wenn es richtig kalt wird, öffnet die Stadt auch mal den Bahnhof. In die
Notunterkunft in Wuppertal kannste meines Erachtens gar nicht gehen:
Gefühlte 40 Betten in einem großen Raum, viele Leute gehen alkoholisiert
dahin, benehmen sich daneben. Du musst aufpassen, dass dir nichts geklaut
wird. Die letzten Jahre habe ich meistens draußen geschlafen.
Zuletzt habe ich oft bei einem Bekannten geschlafen, der hat eine Wohnung
und stellt für fünf Euro die Nacht einen Schlafplatz und eine warme
Mahlzeit zur Verfügung. Wenn ich dusche oder wasche, gehe ich ins Gleis 1.
Das ist Kontaktladen, Drogenhilfe und Konsumraum in einem. Die helfen einem
auch, wenn man mal was im Internet nachschauen muss. Da ist es warm, da
arbeiten Sozialarbeiter, die helfen auch mal bei Problemen.
Über sie habe ich jetzt auch endlich eine Wohnung vermittelt bekommen. 6
Monate darf ich da erst mal wohnen. Mein Ziel ist es dann, über einen
Bildungsgutschein von der Agentur für Arbeit eine Ausbildung zum
Genesungsbegleiter für Suchtkranke zu machen. Bis auf die Geschichte mit
der Eisenstange hab ich hier in Wuppertal viele positive Erfahrungen
gesammelt. Wenn ich mit der Schwebebahn fahre, spreche ich die Kontrolleure
oft einfach an: „Hi, ich lebe gerade auf der Straße und kann mir kein
Ticket leisten.“ Manchmal lassen die mich dann trotzdem mitfahren.Charlotte
Kranenberg
15 Nov 2025
## AUTOREN
Charlotte Kranenberg
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