# taz.de -- Macron in der Bredouille | |
> Nach Bayrous verlorener Vertrauensabstimmung muss der französische | |
> Präsident einen regierungsfähigen Nachfolger finden. Das ist allerdings | |
> leichter gesagt als getan | |
Bild: Macron hätte auf eine weitere Suche nach einem Regierungschef wohl verzi… | |
Aus Paris Rudolf Balmer | |
Die Regierung von François Bayrou ist am Montag in der Nationalversammlung | |
bei einer Vertrauensabstimmung durchgefallen. Nur 194 Abgeordnete sprachen | |
dem bisherigen französischen Regierungschef ihr Vertrauen aus, 25 | |
enthielten sich. 364 stimmten gegen ihn und seine Sparpolitik. Nach nur | |
neun Monaten im Amt muss Bayrou bei Präsident Emmanuel Macron unverzüglich | |
den Rücktritt einreichen, er bleibt aber zunächst geschäftsführend im Amt. | |
Bayrou hatte die Abstimmung mit einem Bekenntnis zum Sparen verbunden. Die | |
Lage sei ernst, hatte er bei unzähligen Medienauftritten immer wieder | |
eindringlich betont. Doch weder seine politischen Gegner in der | |
Nationalversammlung noch die öffentliche Meinung ließen sich davon | |
überzeugen. | |
Präsident Emmanuel Macron bringt er damit in die Bredouille. An ihm ist | |
es, jetzt einen Nachfolger für Bayrou zu finden, bevor sich die politische | |
Krise noch verschlimmert. | |
„In den kommenden Tagen“ werde der Präsident einen neuen Premierminister | |
ernennen und diesen mit der Bildung einer Regierung beauftragen, hieß es | |
aus dem Präsidialamt am Montagabend, als das Ergebnis der | |
Vertrauensabstimmung bekannt wurde. Macron scheint zumindest vorerst nicht | |
die Absicht zu haben, die Nationalversammlung aufzulösen und Neuwahlen | |
abzuhalten. | |
Vor allem die Rechtspopulisten des Rassemblement National (RN) drängen | |
allerdings darauf. Die Partei von Marine Le Pen hätte zwar bei vorgezogenen | |
Wahlen kaum Chancen, selber eine Mehrheit zu erringen, würde aber mit | |
starken Sitzgewinnen ihre Position als stärkste Fraktion noch ausbauen. | |
Noch lieber wäre es dem RN, wenn Macron zurücktreten würde. Das aber kommt | |
für den Präsidenten, der bis Frühling 2027 im Amt ist, wohl erst recht | |
nicht in Frage – zumal Präsidentschaftswahlen den RN durchaus an die Macht | |
bringen könnten. | |
Grundsätzlich kann Macron für einen neuen Regierungschef frei wählen: einen | |
politischen Vertrauten, einen Politiker aus der Opposition oder eine | |
parteiunabhängige Persönlichkeit. Derzeit kursieren fast dieselben Namen | |
wie vor der Nominierung von Bayrou und dessen Vorgänger Michel Barnier. In | |
Frage kämen der derzeitige Justizministers Gérald Darmanin, | |
Verteidigungsminister Sébastien Lecornu sowie Gesundheits- und | |
Arbeitsministerin Catherine Vautrin. Alle drei kommen aus der engeren | |
Umgebung des Staatschefs und würden für eine Kontinuität der | |
Mitte-rechts-Politik stehen. | |
Der Parteichef der Sozialisten, Olivier Faure, hat sein Angebot, die | |
Regierung zu übernehmen, erneuert. Doch es stellt sich die Frage: mit wem | |
und welcher Mehrheit? Der Parteichef der Konservativen, Innenminister Bruno | |
Retailleau, hat ihm bereits einen Korb gegeben. Auf seine Unterstützung | |
könne eine Linksregierung nicht zählen. Auch innerhalb der politischen | |
Linken wird abgewunken: La France insoumise von Jean-Luc Mélenchon ist | |
dagegen, unter der Präsidentschaft von Macron zu regieren. Mélenchon | |
fordert – wie auch Le Pen – den Rücktritt von Macron. | |
Auch inhaltliche Gründe sprechen aus Macrons Perspektive gegen eine | |
Regierung unter den Sozialisten: Ihre Vorschläge für einen Staatshaushalt | |
2026 widersprechen in wesentlichen Punkten Macrons Agenda. Vor allem | |
fordern die Sozialisten Sonderabgaben für die Vermögendsten und für die | |
großen Unternehmen, anstatt auch weit weniger wohlhabende Schichten zur | |
Kasse zu bitten, so wie Bayrou gefordert hatte. Macron will im Interesse | |
der Wettbewerbsfähigkeit keine Steuererhöhungen für „Privilegierte“, die | |
damit drohen, dann ins Ausland abzuwandern. | |
Spätestens am 13. Oktober muss das Parlament über einen | |
Staatshaushaltsentwurf debattieren. Ob dieser dann auch von einer Mehrheit | |
akzeptiert wird, ist eine andere Frage. | |
Die Ratingagenturen beobachten die Krisenpolitik in Frankreich genau – und | |
ab Mittwoch droht auch noch der Beginn einer Protestbewegung im Stil der | |
Gelbwesten, die 2018 überall im Land und zum Teil gewaltsam gegen eine | |
sinkende Kaufkraft und höhere Steuern demonstriert hatten. Auf eine | |
Herabstufung auf AA- droht nun noch der Verlust des zweiten A und damit | |
höhere Zinslasten für neue Staatsanleihen. | |
10 Sep 2025 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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