| # taz.de -- kritisch gesehen: Kartoffelfragen bringen Menschen zusammen | |
| > Hamburg feiert seit zwei Jahren Lara M. Gahlows literarisches Debüt. | |
| > Jetzt liegt die Erzählung über Pflege endlich als Buch vor | |
| Schon 2023 hat Lara M. Gahlow ihr literarisches Debüt mit dem Prosastück | |
| „Vorwiegend festkochend“ vorgelegt. In dem geht es um Pflege. Überraschend, | |
| denn Gahlow ist noch jung und scheint auf den ersten Blick nichts mit dem | |
| Thema zu tun zu haben. 2024 wurde die Erzählung dann sogar mit dem | |
| Hamburger Literaturpreis ausgezeichnet, sodass sie auch Eingang in die | |
| Anthologie „Hamburger Ziegel #19“ gefunden hat. „Es hat mir sehr viel | |
| Aufwind gegeben, so früh in meiner Karriere so eine Bestätigung zu | |
| kriegen“, sagt die Autorin. Mitte August erscheint der Text nun beim | |
| Ankerverlag in einem eigenen Bändchen. Am 26. August gibt es aus diesem | |
| Anlass eine Lesung im Hamburger Büchercafe Kapitel Drei. | |
| In ihrem Erstling füllt Gahlow den Slogan „Pflege ist mehr als eine | |
| Dienstleistung“ mit Leben: Sie stellt diese Dienstleistung darin als echte | |
| Begegnung zweier unterschiedlicher Menschen dar. Die kann sich wie Glatteis | |
| anfühlen. Ein Hin- und Herschlittern zwischen unausgesprochenen | |
| Erwartungen, Enttäuschungen bei noch so kleinen Aufgaben und der Hingabe in | |
| die resignative, oder doch zumindest sehr passive Haltung, die Dinge des | |
| Alltags einfach an sich vorbeiziehen zu lassen. Man ist einander fremd, | |
| manchmal zu viel, manchmal zu wenig und manchmal kann man sich schlicht | |
| nicht leiden. | |
| ## Figuren, die einander überraschen | |
| So stehen einander die beiden Hauptfiguren in Gahlows Erzählung erst | |
| skeptisch gegenüber. Dennoch findet Pflegerin Moni eher unverhofft Zugang | |
| zur 92 Jahre alten Minna Großmeister – nämlich ausgerechnet mit einer Frage | |
| zur Einkaufsliste: „Möchten Sie die mehlig oder fest?“ Es geht um | |
| Kartoffelsorten. Großmeister hat nämlich sehr spezifische Vorstellungen vom | |
| Leben. Und dazu gehört auch die passende Kartoffelsorte für das jeweils | |
| geplante Gericht. Dieses Mal soll es Kartoffelgratin geben. | |
| Eine kluge Beobachtung, die die Autorin bei ihrer eigenen Großmutter | |
| gemacht hat. Von ihr hat sie nicht nur die Praxis, Einkaufslisten zu | |
| verfassen, in die Erzählung übernommen. „Ich habe sehr viel von ihr | |
| gelernt“, sagt Gahlow. Sie sei Teil einer Generation, mit der es sich | |
| lohnt, in Verbindung zu bleiben. | |
| Gahlow entspinnt die Geschichte einer Beziehung, die die Routine des | |
| jeweiligen Gegenübers durchbricht. Statt wie üblich die Wörter zu zählen, | |
| die sie mit der Pflegerin wechselt, beginnt sich die alte Frau für ihr | |
| junges Gegenüber zu interessieren. Beide Figuren überraschen einander. | |
| Einmal geht es um eine verrückte Waschmaschine, einmal um Tattoos. Die eine | |
| hat alles unter Kontrolle, die andere lässt alles auf sich zukommen. Trotz | |
| ihrer Gegensätze finden sie zueinander. | |
| Doch dann holt auch sie die strenge Realität ein. Ihre Beziehung zwischen | |
| Freundschaft und Arbeitsplatz wird immer weiter eingeengt, etwa durch die | |
| Pflegedienst-Leiterin die nur in optimierten Routen denkt, aber auch durch | |
| Minna Großmeisters körperliche Beschwerden oder den Neid aus deren Familie. | |
| So werden die Leser:innen in die Geschichte hineingezogen, schneller, | |
| als sie damit rechnen, wieder ausgespuckt zu werden und hatten zwischendrin | |
| keine Zeit sich vom Lesestoff zu lösen. Gahlow nimmt dabei dem Thema Pflege | |
| die Schwere, die es sonst so oft belastet. Wirklich lesenswert. Franziska | |
| Vetter | |
| 19 Aug 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Franziska Vetter | |
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