| # taz.de -- Ein Chor verbreitet Hoffnung | |
| > Mit Gesang soll das Klimaströme-Festival kommende Woche enden. Dafür | |
| > sorgen wird der „Chor der radikalen Hoffnung“. Den gibt es erst seit | |
| > Montag | |
| Bild: Drei sind genug: Zusammen mit den Komponist:innen Catalina Rueda und Dani… | |
| Von Krischan Meyer | |
| Was bedeutet es, in einem Chor zu singen? Das fragen sich Katha, Sohon und | |
| Matti. Dieses Trio von 11- bis 13-Jährigen hat sich in der Musikwerkstatt | |
| der Honigfabrik in Hamburg-Wilhelmsburg zusammengefunden. | |
| Seit dem 28. Juli treffen sie sich dort, um sich unter der Anleitung der | |
| Musiker:innen Catalina Rueda und Daniel Dominguez-Teruel möglichst | |
| kreativ mit der eigenen Stimme auszutoben. Ziel ist es, am 9. August als | |
| „Chor der radikalen Hoffnung“ bei der Wasserparade zum Abschluss des | |
| Klimaströme-Festivals vor spektakulärer Kulisse aufzutreten. Einen Tag | |
| später singen die drei noch einmal vor Publikum beim Internationalen | |
| Sommerfestival Kampnagel. Das Klimaströme-Festival bietet seit 2023 Kindern | |
| und Jugendlichen die Möglichkeit, sich in Zeiten des Klimawandels innerhalb | |
| verschiedenster Workshops auszudrücken und sich vielfältig mit der Thematik | |
| auseinanderzusetzen. Dafür wurde es im Mai dieses Jahres bereits mit dem | |
| Hamburger Stadtteilkulturpreis ausgezeichnet. | |
| „Good morning to you, good morning to you. Hello, hello, good morning to | |
| you“, singen die drei zur Begrüßung des beginnenden Probetages. Dabei gibt | |
| es kleine Bewegungsübungen. Erst kreist ein Fuß, dann das ganze Bein und am | |
| Ende springen die Kinder in die Luft: Jetzt sind jedenfalls alle wach. | |
| Katha und Sohon sind Cousin und Cousine. Es ist bemerkbar, dass sie vorher | |
| auch schon zusammen gesungen haben. Am ersten Tag des Workshops haben Sie | |
| Matti kennengelernt. Es waren mehr Anmeldungen erwartet worden, aber ein | |
| Chor kann, so wird der Tag es zeigen, sehr gut aus nur drei Mitgliedern | |
| bestehen. Voraussetzung: Die Kinder sind musikalisch begeistert und haben | |
| Lust, zusammen zu singen. Und das klappt schon sehr gut, wie bei der | |
| Begrüßung zu hören ist. Als nächstes wird der Kanon „There Was a Young La… | |
| of Ryde“ geübt. | |
| Als Hausaufgabe sollten sie einen Song mitbringen, der ihnen gefällt. Genre | |
| oder Text egal. Matti legt einen harten Start hin: „Scheiße, in meinem | |
| Keller liegt ’ne Leiche. Ich bin’s nicht gewesen, doch ich kann es nicht | |
| beweisen. Scheiße, überall ist Blut“, ertönt es von seiner Spotify-Playlist | |
| aus den Lautsprechern des Proberaums. Das Lied des Comedy-Rap-Duos SDP | |
| hinterlässt eine leichte Verlegenheit bei den Chorleiter:innen. | |
| Dominguez-Teruel merkt in der Runde an, dass Musik alles sein kann. „Eben | |
| auch humorvoll und manchmal gleichzeitig brutal. Oder sehr zynisch“, so der | |
| Komponist und Musiktheaterregisseur. Als nächstes stellen Katha und Sohon | |
| „Gabriela“ von Katseye vor. Sie haben den Song auf Tiktok entdeckt und | |
| finden, dass man gut dazu tanzen könne. | |
| Ziel der Übung ist es, mit den Kindern zu erkunden, wie Musik funktioniert | |
| und was man dabei fühlt. Dabei sollen sie auch erproben, wie sie die eigene | |
| Stimme dafür einsetzen können, erklärt Catalina Rueda, auch sie | |
| Komponistin, die oft als Sängerin auftritt. Laut. Leise. Mit Mikrofon oder | |
| ohne. Sogar ein Megafon steht bereit. | |
| Als nächstes sollen die Kinder in Eigenarbeit und ohne Aufsicht einen | |
| Songtext schreiben. Ob das gut geht? Während Rueda und Dominguez-Teruel | |
| etwas essen gehen, hört man aus der Musikwerkstatt eine Mischung aus | |
| Schlagzeug-Sounds, Diskussionen und Gesang. Nach einiger Zeit kehren die | |
| Leiter:innen zurück, nur um von Sohon abgewiesen zu werden: „Zehn | |
| Minuten noch“, verkündet er durch einen kleinen Spalt in der Tür. Da die | |
| Musikwerkstatt im Innenhof der Honigfabrik liegt, sind Rueda und | |
| Dominguez-Teruel dem in der Zwischenzeit einsetzenden starken Regen fast | |
| schutzlos ausgesetzt. | |
| Auf einen Text hat sich der im Werden begriffene Chor nicht so schnell | |
| einigen können. Stattdessen wollen die Kinder erst mal mit einem Cover | |
| anfangen. „Rolling in the Deep“ von Adele ist es geworden. Die klassische, | |
| rein vokale Chorbesetzung reizt sie nicht: Matti setzt sich ans Schlagzeug, | |
| Katha hat sich das Megafon geschnappt und Sohon singt kräftig ins Mikrofon. | |
| Es hat niemand behauptet, dass sich ein Chor nicht auch selbst instrumental | |
| begleiten kann. Nur die Absprache, wer welche musikalische Rolle übernimmt, | |
| erweist sich als schwierig: Das Schlagzeug erweist sich als allgemein | |
| begehrt – aber es gibt halt nur das eine. Catalina Rueda regt an | |
| aufzuschreiben, was es bedeutet, gemeinsam Musik zu machen – und wie sich | |
| der Konflikt besser hätte lösen lassen. Die Kinder beginnen zu schreiben. | |
| Nun sollen die Überlegungen nicht nur besprochen, sondern auch gesungen | |
| werden. Je lauter desto besser. Mattin hat mit seinem Blatt erstmal eine | |
| neue Möglichkeit gefunden einen Papierflieger zu bauen. Bevor er also seine | |
| inhaltlichen Resultate vorstellt, gibt es zunächst einen Probeflug. Katha | |
| sagt ins Megafon: „Niemand soll ausgeschlossen werden, stattdessen | |
| Teamwork.“ Matti verkündet: „Wünsche sollen erhört werden. Ein Chor macht | |
| glücklich weil man da mit anderen interagieren kann. Musik generell macht | |
| glücklich.“ | |
| Dann schnappt sich Sohon das Megafon und ruft: „Man muss zusammenarbeiten, | |
| gut kommunizieren, auf andere Acht nehmen und Grenzen setzen können“ und: | |
| „Ein Chor kann nicht nur aus einer Person bestehen, sondern man muss mit | |
| mehreren harmonieren müssen.“ Sichtlich beeindruckt von seinen Gedanken | |
| regt Ruelda an, sich vorzustellen, man stehe gemeinsam auf einem großen | |
| Schiff und müsse seine Botschaft den Menschen zu Wasser und zu Land | |
| verkünden: „Zuhören, zuhören … Wir sind ein Team“, ruft Sohon immer la… | |
| ins Megafon. Er rennt dabei durch den Raum. „Noch mal! Lauter!“, antwortet | |
| Katha begeistert. Der Zusammenhalt im Trio ist also auf jeden Fall | |
| vorhanden. | |
| 1 Aug 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Krischan Meyer | |
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