# taz.de -- Harte Sparpläne in Frankreich | |
> Der französische Premierminister François Bayrou will Staatsausgaben | |
> kürzen und Feiertage streichen. Das soll Frankreich aus der Schuldenkrise | |
> retten – falls der Plan angenommen wird | |
Aus Paris Rudolf Balmer | |
Wenn „alle mitmachen“ wollten und wenn die erforderlichen Anstrengungen | |
„richtig und gerecht“ verteilt würden, könne Frankreich in vier Jahren | |
seinen Staatshaushalt so weit wieder in Ordnung bringen, dass die | |
Verschuldung nicht weiter steigt. Der Konditionalis ist angebracht, denn | |
der Sparplan gegen die Verschuldung, den der [1][französische | |
Premierminister François Bayrou] seinem Land verschreiben möchte, stößt | |
sogleich auf heftige Ablehnung in der Opposition. | |
Der Regierungschef, der über keine parlamentarische Mehrheit verfügt, weiß | |
nur zu gut, dass er bei einem [2][Misstrauensantrag in der Haushaltsdebatte | |
Kopf und Kragen riskiert]. Dieses „Risiko“ aber wolle er eingehen, weil er | |
der Nation die „Wahrheit“ nicht verheimlichen könne, erklärte Bayrou. | |
Es steht nicht gut um die Finanzen. Heute beträgt die akkumulierte | |
Verschuldung rund 3,3 Billionen Euro und 114 Prozent des BIP. Für 2025 wird | |
mit einem weiteren Defizit von 5,4 Prozent BIP-Anteil gerechnet. Und für | |
die Zuhörer, die sich vielleicht der Dramatik nicht bewusst wären, | |
präzisierte Bayrou, dass mit jeder Sekunde die öffentlichen Schulden um | |
5.000 Euro wachsen würden. Ein Countdown in einer totalen Schuldenkrise, | |
wie sie unlängst Griechenland zum Leidwesen seiner Bürger erlebt habe und | |
wie er sie seinen Landsleuten nicht wünsche. Denn letztlich stehe die | |
Unabhängigkeit der Nation auf dem Spiel, warnte Bayrou am Dienstag bei | |
einer Pressekonferenz. | |
Seit Jahrzehnten hätten sich die Franzosen daran gewöhnt, dass der Staat | |
„alles bezahlt“. Damit müsse Schluss sein. Die Entziehungskur beginnt mit | |
2026 als „weißem Jahr“, in dem alle Ausgaben auf dem Niveau von 2025 | |
eingefroren bleiben: Renten und alle sozialen Zulagen oder Hilfsgelder | |
werden der Teuerung nicht angepasst. Auch die Ministerien – mit Ausnahme | |
der Verteidigung – müssen mit demselben Etat wie im Vorjahr auskommen. | |
Die Beamten, die in Frankreich in den letzten Jahren bereits einen | |
Kaufkraftverlust hinnehmen mussten, können folglich nicht mit einer | |
generellen Lohnerhöhung rechnen. Insgesamt müssten im kommenden Jahr 43,5 | |
Milliarden Euro eingespart werden. | |
Für sofortige Empörung sorgte Bayrous Ankündigung, er wolle zwei bisherige | |
Feiertage streichen: den Ostermontag und den 8. Mai, an dem das Ende des | |
Zweiten Weltkriegs begangen wird. Überhaupt müssten alle Hindernisse, die | |
der Aktivität im Weg stünden, beseitigt werden, damit die Nation mehr | |
arbeite und kollektiv reicher werde. Auch die Wohlhabendsten würden mit | |
einer „Solidaritätsabgabe“, deren Konturen Bayrou allerdings völlig offen | |
ließ, zur Kasse gebeten. | |
Wie andere Regierungschefs zuvor, will Bayrou vor allem für die kleinen und | |
mittleren Unternehmen die Prozeduren vereinfachen. Die so gewonnene | |
Flexibilität und Freiheit müssten sie allerdings mit weniger Subventionen | |
bezahlen. Ebenfalls ein oft gehörter Refrain ist der erklärte Kampf gegen | |
Steuerbetrug und Schwindel von Sozialgeldempfängern. | |
Er möchte zur Verbesserung der heute stark negativen Außenhandelsbilanz die | |
Produktion „made in France“ sowie in Europa stärken und dafür eine Abgabe | |
für Pakete aus dem Fernen Osten erheben. | |
Es ging Bayrou um die „großen Linien“ der Haushaltspolitik bis 2029, über | |
die er mit sich reden lassen wolle, bevor der eigentliche Entwurf dann im | |
Herbst vorgelegt und zur Schicksalsfrage für diese Regierung wird. Bayrou | |
hatte seine Rede kaum beendet, als Sprecher der linken wie die | |
rechtspopulistischen Opposition ankündigten, sie würden eine | |
Vertrauensabstimmung gegen diese zweifellos unpopulären Sparpläne | |
beantragen. | |
17 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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