# taz.de -- „Journalismus ist wie ein Seiltanz“ | |
> Wenn Journalist*innen mit Opfern von staatlicher und krimineller | |
> Gewalt arbeiten, wird es oft zur Belastung. Todesdrohungen und Mobbing | |
> sind in Venezuela Alltag | |
Bild: Ronna Rísquez, aus Venezuela, wurde für ihr Medienportal Connectas am 1… | |
taz: Warum haben Sie sich für das Auszeitprogramm beworben? | |
Ronna Rísquez: Ich arbeite seit 25 Jahren in einem Land, Venezuela, in dem | |
Journalist*innen verfolgt werden. Von Pressefreiheit kann keine Rede | |
sein, es herrscht Zensur, Medien werden dichtgemacht. Journalisten | |
riskieren Haft, wenn ihre Berichte der Regierung nicht gefallen. | |
taz: Es gibt den sogenannten Hass-Paragrafen gegen kritische Berichte … | |
Rísquez: Journalismus in Venezuela ist wie ein Seiltanz. Das ist belastend, | |
vor allem für Journalistinnen wie mich, die mit Opfern von staatlicher und | |
krimineller Gewalt arbeiten. Ich war einfach müde, ich brauchte eine Pause. | |
taz: Sie haben 2023 ein Buch über eine kriminelle Bande geschrieben … | |
Rísquez: Das Buch hat einen enormen Skandal ausgelöst, bis hin zu | |
US-Präsident Donald Trump, der den Namen der Bande benutzt hat, um | |
venezolanische Einwanderer zu kriminalisieren. Aber ich sehe es als meine | |
Aufgabe an, die Wahrheit herauszufinden und darüber zu schreiben. | |
taz: Was haben Sie herausgefunden? | |
Rísquez: Ich beschreibe die Geschichte und den Charakter dieser Bande, ihre | |
Arbeitsweise. Sie entstand in einem Gefängnis, das sie bald kontrollierte | |
und in eine kleine Stadt umwandelte. Später machte sich die Gruppe auch in | |
Chile, Peru und Ecuador breit. Sie verdient ihr Geld mit Menschen- und | |
Drogenhandel, Auftragsmord, Raub, Erpressung und so weiter. Außerdem habe | |
ich allgemein über die wachsende Kriminalität in Venezuela geschrieben. | |
taz: Wie hat denn die Mafia auf Ihr Buch reagiert und wie die Regierung? | |
Rísquez: Mir wurde in sozialen Medien mit dem Tode gedroht, nicht direkt, | |
sondern über Verwandte. Ziel war vor allem mein Sohn, der damals 16 Jahre | |
alt war. Die Polizei hat ermittelt, aber bislang ohne Ergebnis. Die Quelle | |
der Drohungen bleibt bis heute unbekannt. Vor Kurzem haben mir | |
regierungsnahe Medien vorgeworfen, durch die Veröffentlichung meines Buches | |
Unruhen verursacht zu haben. | |
taz: Hat die Regierung selbst etwas unternommen? | |
Rísquez: Es gab Razzien im Gefängnis, gleichzeitig hat sie die Existenz | |
dieser Mafiagruppe abgestritten. | |
taz: Wie haben Sie die Auszeit bislang genutzt? | |
Rísquez: Sie ist Gelegenheit, in Ruhe und Sicherheit zu sein und außerdem | |
neue journalistische Arbeitsweisen kennenzulernen. Ich lade meine Batterien | |
auf. Journalismus ist schließlich ein Pfeiler der Demokratie, und die | |
müssen wir verteidigen. | |
21 Jun 2025 | |
## AUTOREN | |
Andreas Lorenz | |
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