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# taz.de -- Anne Haeming Der Wochenendkrimi: Wenn die Mordermittlerin undercove…
Wenn im Fernsehen so gesprochen und agiert wird, dass es nicht nach
Drehbuch klingt, ist es jedes Mal ein großes Fest. Der Dortmunder „Tatort“
schafft es mal wieder, das liegt aber vor allem an Jörg Hartmann und
Stefanie Reinsperger. Ihr Ermittlungsteam Peter Faber und Rosa Herzog ist
eine Wucht. Okay, Drehbuch (Markus Busch) und Regie (Nana Neul) sind dafür
nicht unerheblich. Diese seltene Qualität zieht sich bis in die
Nebenrollen; von der Nachbarin (Nina Vorbrodt) der Toten mit feinstem
Pottsingsang bis zu irgendeinem Dude, der inhaltlich irrelevant ist, aber
klarmacht: Diese authentische Atmosphäre war hier jemandem wichtig.
Passt in diesem Fall hervorragend: weil elementar, um alltägliche Themen im
TV glaubhaft zu erzählen. Und die aktuelle Folge „Feuer“ behandelt keinen
jener Orchideenfälle (Schachwettkämpfe in den Bergen, Sterneküchendrama in
Wien, alles aus Münster) – sondern: häusliche Gewalt gegen Frauen. Schicht
für Schicht taucht das Thema auf: Meike Gebken (Nadja Becker) liegt tot in
ihrem Zuhause, es hat gebrannt, ihre kleine Tochter ist entkommen, ihr
älterer Sohn unauffindbar. Als sich herausstellt, dass sie mehrfach über
Wochen in einem Frauenhaus lebte, zieht Herzog undercover als Betroffene in
jene Institution, um zu ermitteln, ob Gebkens Freund involviert ist oder
jemand anders.
In diesem Szenario ballt sich dieses Mal alles: der Fall selbst – und die
größere Geschichte rund um die Dortmunder Truppe. Zum einen öffnet dieses
Setting den Raum, um die Alltäglichkeit dieser Gewalt sichtbar zu machen.
Die einzelnen Frauen und ihre Geschichten und komplexen Situationen,
Dilemmata zu zeigen, als Einzelfälle und Facetten eines breiten
gesellschaftlichen Komplexes zugleich. Eine Frau, die extra noch mal
zurückgeht zu ihrem Mann, um sich zwei Monate lang verprügeln zu lassen –
um dieses Mal aber alles zu dokumentieren, mit Fotos. Und einen Kredit
aufnimmt für ein Gutachten. „Es geht nicht um Gerechtigkeit, es geht um
Beweise“, sagt eine Frau. Frauen, übersät mit blauen Flecken, fragen
Arbeitskolleginnen: „Ist das noch nie passiert bei euch zu Hause?“ – und
die nur erstaunt entgegnen: „Nein.“
Zum anderen lässt dieses Szenario zu, zu zeigen, wie angeschlagen Rosa
Herzog gerade ist. Nachdem sie im vorigen Fall ([1][„Abstellgleis“, lief
Ende März]) aus Nothilfe den langjährigen Gerichtsmediziner erschossen hat.
Ein Fall, in dem jemand versucht hatte, Faber einen Mord unterzuschieben.
Ein Fall, der die beiden näher zusammengebracht hat, die letzten aus der
Zwischendurchtruppe mit Bönisch und Kossik. „Wenn Sie reden wollen, aber
nicht mit denen“, sagt Faber zwischendurch, „zu mir können Sie immer
kommen, okay?“
Wegen jenes Falls taucht auch Ex-Kollege Kossik (Stefan Konarske) wieder
auf. Mag sein, dass da noch was nachkommt, bald, mag sein, dass die neue,
blasse Chefin Ira Klasnić (Alessija Lause) bald wieder perdu ist.
Herzog bricht den Einsatz irgendwann ab: „Es gibt genug Frauen, die das
Zimmer dringender brauchen als ich.“ Wie wahr. Verblüffend, wie problemlos
es in dieser Folge ist, einen Platz im Frauenhaus zu bekommen. [2][Dabei
ist die Lage schwierig, wie Correctiv für 2021 zeigte]; mag pandemiebedingt
nicht repräsentativ gewesen sein, aber [3][auch aktuell ist es eher mau].
Dafür bekommt Meike Gebken, die Tote, am Schluss noch einmal Raum. Und darf
aus dem Off ihre Geschichte erzählen. Eine großartige Idee.
Dortmund-„Tatort“: „Feuer“, Mo., 20.15 Uhr, ARD
7 Jun 2025
## LINKS
[1] /!6076022&SuchRahmen=Print
[2] https://correctiv.org/aktuelles/2023/03/06/haeusliche-gewalt-frauenhaus-pla…
[3] https://www.frauenhaus-suche.de/?jumpto=searchResults
## AUTOREN
Anne Haeming
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