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# taz.de -- Auf KI ist (noch) kein Verlass
Ein Chatbot ist immer ansprechbar – auch wenn es dir nicht so gut geht.
Vielleicht hilft also eine Chattherapie? Wenn es um Effizienz und um die
Frage geht, wie dem Versorgungsmangel entgegengewirkt werden kann,
versprechen künstliche Intelligenz und andere App-Anwendungen einfache
Lösungen. Doch sind die Angebote wirklich sinnvoll?
Wer Apps zu psychischer Gesundheit nutzt, kann sich die Kosten schon seit
2019 von den Krankenkassen erstatten lassen. Solche Apps können als
sogenannte digitale Gesundheitsanwendungen ohne nachgewiesenen Nutzen
vorläufig zugelassen werden. Bisher arbeitet keine der zugelassenen
Anwendungen mit künstlicher Intelligenz. Diese „Apps auf Rezept“ werden vom
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte geprüft und dann in ein
offizielles Verzeichnis aufgenommen. Auf dieser Liste befinden sich etwa
auch Apps zu Diabetes oder Reizdarm. Auf psychische Erkrankungen beziehen
sich aktuell knapp die Hälfte dieser Apps – insbesondere auf Depression und
Angststörungen. Mit ihnen können zum Beispiel Symptomtagebücher geführt
werden, sie leiten Nutzer*innen an, angstbesetzte Situationen zu
erproben, je nach Stimmung passende Übungen durchzuführen, und klären über
Erkrankungen auf.
Befürworter*innen solcher Apps heben vor allem hervor, dass sie für
die meisten Menschen leicht zugänglich sind. Besonders, wenn jemand Angst
vor Stigmatisierung habe oder sehr schambehaftet sei, spiele das eine
Rolle.
„Dass es überhaupt digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) gibt, [1][ist
schon ein enormer Fortschritt]. Insbesondere in einem Land, was so
innovationsskeptisch ist wie Deutschland“, sagt Lasse Sander vom Institut
für Medizinische Psychologie und Soziologie der Universität Freiburg dem
Science Media Center.
Expert*innen und Interessenverbände kritisieren aber auch das
Zulassungsverfahren, teils hohe Kosten und eine unübersichtliche
Angebotslandschaft. Denn DiGas müssen ihren wissenschaftlichen Nutzen erst
bis zu einem Jahr nach ihrer Zulassung nachweisen. Kritiker*innen
fordern jedoch, dass die Anwendungen vergleichbare Standards erfüllen
müssten wie andere Arzneimittel – dass sie also vor einer Zulassung in
wissenschaftlich hochwertigen Studien eine signifikante Verbesserung für
Betroffene zeigen müssten –und erst dann über die Zulassung entschieden
wird.
Mit dem Boom von sprachbasierten Systemen wie ChatGPT und der Einführung
von künstlicher Intelligenz wurde außerdem ein weiteres Feld für digitale
Anwendungen im Gesundheitsbereich eröffnet: die KI-gestützte
Gesprächstherapie.
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass sowohl Patient*innen als auch
Psychotherapeut*innen nicht unterscheiden konnten, ob Antworten in
einem Chat von der KI oder von echten Therapeut*innen stammten.
Allerdings warnen Expert*innen davor, dadurch auf eine echte Kompetenz
der Chatbots zu schließen. Markus Langer, Professor am Institut für
Psychologie in Freiburg, sagt dem SMC: „[2][Aktuell ist keine KI in der
Lage, Psychotherapie im eigentlichen Sinne zu betreiben.] Wenn die KI
entsprechend trainiert ist, dann kann psychotherapeutische Interaktion
simuliert werden.“
Die wissenschaftlichen Studien zur Wirksamkeit von KI basieren häufig auf
hochstandardisierten Studiendesigns in stark kontrollierten bis simulierten
Settings. Das entspreche nicht der Versorgungsrealität, es fehlen die
Zwischentöne. Wenn ein Patient etwa ausrastet, gezielt provoziert oder
weint, können eine KI und andere rein digitale Anwendungen nicht die
Vielseitigkeit der menschlichen Emotion wahrnehmen. Zudem kritisieren
Expert*innen den Datenschutz und sehen eine Gefahr darin, dass Chatbots
in Krisensituationen nicht adäquat agieren könnten. Andrea Benecke, die
Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer, warnt: „Chatbots können
nicht hinreichend sicher abschätzen, wann sich eine Person in einer
psychischen Notlage befindet, um darauf angemessen reagieren zu können.“
Dafür brauche es klinisches Wissen und Erfahrung.
31 May 2025
## LINKS
[1] https://www.sciencemediacenter.de/angebote/chatgpt-mehrwert-in-der-psychoth…
[2] https://www.sciencemediacenter.de/angebote/chatgpt-mehrwert-in-der-psychoth…
## AUTOREN
Simon Barmann
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